Mit 15:4 Stimmen und einer Enthaltung beschlossen hat der Telfer Gemeinderat den 476 Seiten starken Rechnungsabschluss für das Jahr 2020, den ersten nach den neuen Richtlinien der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) 2015. Trotz enormer Mindereinnahmen durch die Corona-Pandemie und eines engagierten Investitionsprogrammes mit Begegnungszone, Bürgerservice, Bücherei, Schulsanierung, Flächenankauf, etc. konnte die Marktgemeinde mit einem Plus sowohl im Finanzierungs- wie im Ergebnishaushalt abschließen.
„Ich freue mich, dem Gemeinderat den Jahresabschluss 2020 zu präsentieren. Im Vergleich mit anderen größeren Gemeinden können wir stolz sein, dass wir einen positiven Rechnungsabschluss 2020 zur Beschlussfassung vorlegen können“, so Bgm. Christian Härting (WFT) in seiner Eröffnungsstatement. Nach VRV 2015 erfolgt die Rechnungslegung mittels integriertem Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögenshaushalt. Im Ergebnishaushalt (39,6 Mio. Euro Erträge, 38,6 Mio. Euro Aufwendungen) weist die Telfer Jahresrechnung 2020 im Nettoergebnis ein Plus von 1 Mio. Euro aus. Im Finanzierungshaushalt (40,5 Mio. Euro Einzahlungen, 45,5 Mio. Euro Auszahlungen abzüglich 5,5 Mio. Euro aus der nichtvoranschlagswirksamen Gebarung = angesparte Kaution für den Kauf des Sportzentrums) konnten 405.500,- Euro erwirtschaftet werden. 1,3 Mio. Euro stehen als liquide Mittel auf der Haben-Seite, bestehende Rücklagen müssen nicht angetastet werden. Und im Vermögenshaushalt bilden stolze 160 Millionen Euro das Gesamtvermögen der Marktgemeinde mit 31.12.2020 ab. Im Vergleich dazu: 2019 waren es knapp 155 Mio. Euro, 2020 wurden zusätzlich das Sportzentrum Telfs und das Haus der Telfer Kinder ins Gemeindevermögen übernommen.
Stabile Finanzlage
Die Darlehensverbindlichkeiten betragen mit Jahresende 2020 26,5 Mio. Euro, inklusive Zugänge von 2,9 Mio. Euro für Investitionen, abzüglich Tilgungen in Höhe von 1,6 Mio. Euro. Das entspricht einem Verschuldungsgrad von 36,2 Prozent. (Zum Vergleich: 2018: 46%, 2019: 40%). Der Gesamtschuldenstand inkl. Leasingverpflichtungen von ebenfalls 2,9 Mio. Euro, Anteile und Haftungen ist im Vergleich zu den Vorjahren stabil – mit 48,2 Mio. Euro. „Trotz Corona-Pandemie liegt unsere Gemeinde nur im mittleren Verschuldungsbereich und ist nach wie vor in der Lage, den Schuldendienst leicht aus eigener Kraft zu decken. Auch haben wir noch einen großen finanziellen Spielraum für Investitionen“, erklärt Bgm. Christian Härting (WFT) in seiner Rede die stabile Finanzlage.
Trotz Pandemie investiert
Investiert wurde auch 2020 kräftig, trotz oder auch gerade wegen Corona. Denn u.a. dank Bedarfszuweisungen und COVID-19-Förderungen von Land und Bund konnte ein engagiertes Investitionsprogramm absolviert werden: Begegnungszone (2,1 Mio. Euro), Bücherei (552.000,- Euro), Bürgerservice (292.000,- Euro) und die Sanierung Volksschule Thielmann (334.500,- Euro) sind dabei die größten »Brocken«. Dazu addieren sich Straßensanierungen und Erweiterungen in Höhe von gut 800.000,- Euro sowie weitere kleinere und größere Investitionen in Straßenbeleuchtung, Schulen, gemeindeeigene Gebäude, Ausstattung, Feuerwehr, Hochwasserschutz und Forstgüter in Höhe von 600.000,- Euro. Ergibt in Summe 4,7 Mio. Euro an neuen Investitionen. Weiters schlagen beschlossene Investitionen der Vorjahre wie die Park & Ride-Anlage am Bahnhof, der Neubau des Abfallwirtschaftszentrums und Investitionen im Sportzentrum auch im Budget 2020 zu Buche. Das Sport- und Veranstaltungszentrum, das über Leasing finanziert wurde, konnte mit der angesparten Kaution in Höhe von 5,2 Mio. Euro angekauft werden und gehört nun zur Gänze der Marktgemeinde. Bgm. Härting verweist in seinem Bericht auf die Bedeutung vorausschauender Investitionspolitik: „Die Tiroler Gemeinden stehen vor großen Herausforderungen, um die Grundversorgung sicherzustellen. Insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es wichtig, dass die öffentliche Hand investiert und existenzsichernde Ausgaben tätigen kann.“ Er dankt dem Land Tirol für die im Jahr 2020 genehmigten Bedarfszuweisungen und Förderungen in Höhe 1,1 Mio. Euro aus dem Gemeinde-Ausgleichsfonds. Dazu kommen 617.000,- Euro COVID-Sonderfinanzierung des Landes und 275.000,- Euro COVID-Bundesförderung. Aufgrund der zugesagten Corona-Förderungen des Bundes wird die Finanzverwaltung übrigens sicher noch vor der Sommerpause ein Nachtragsbudget für das Jahr 2021 erarbeiten.
Mindereinnahmen realistisch eingeschätzt
Coronabedingt sind die Abgabenertragsanteile und Kommunalsteuern massiv eingebrochen, auch muss der Gemeindehaushalt empfindliche Mindereinnahmen im Sport- und Kulturbereich verkraften. Trotz entsprechender Förderungen von Land und Bund musste die Finanzverwaltung deshalb einen Nachtragsvoranschlag für 2020 erstellen, der im Oktober des Vorjahres vom Gemeinderat beschlossen wurde. Mindereinnahmen von 1,6 Mio. Euro bei den Abgabenertragsanteilen (13,9 statt ursprünglich budgetierter 15,5 Mio. Euro) und »nur« 314.000,- Euro minus bei den Kommunalsteuereinnahmen (4,985 statt im Voranschlag geschätzter 5,3 Mio. Euro) tun zwar weh, konnten im Nachtragsvoranschlag aber realistisch eingeschätzt werden. Erfreulich ist in diesem Zusammenhang, dass 2020 trotz Pandemie und Wirtschaftseinbruch 28 neue Betriebe in Telfs verzeichnet werden konnten. Damit sind mit Stand 31.12.2020 von den gesamt 1.039 Betrieben 514 kommunalsteuerpflichtig.
Personalstand bleibt gleich
Mit Stand 31.12.2020 beschäftigt die Gemeinde – auf Vollbeschäftigte gerechnet – 308 Personen bzw. 180,66 Dienstposten. Pandemiebedingt wurden einige Posten 2020 nicht besetzt, die bereinigten Personalkosten inklusive Refundierungen machen rund 6,8 Mio. Euro aus.
Beschluss mit großer Mehrheit
„Ich danke dem gesamten Team der Finanzverwaltung unter Führung von Kassenleiterin Doris Schiller und dem Überprüfungsausschuss für das umsichtige Finanzmanagement sowie der gesamten Verwaltung für die geleistete Arbeit und den ganzjährigen Sparwillen“, so der Gemeindechef abschließend. Er brachte dem Gemeinderat auch die Finanzlage aus dem Jahr 2019 der Tochter-Unternehmen Telfer Bad, GemeindeWerke Telfs, Marktgemeinde Telfs Immobilien und Tiroler Volksschauspiele zur Kenntnis. Bei allen »Töchtern« liegen die Bilanzen 2020 noch nicht vor. Nach dem Prüfbericht von GR Wolfgang Gasser („Der Rechnungsabschluss wurde sauber, gesetzeskonform und richtig erstellt.“) mit einstimmiger Empfehlung des Überprüfungsausschusses zur Beschlussfassung entlasteten 15 der RätInnen den Bürgermeister als Rechnungsleger. Nur Norbert Tanzer (PZT/SPÖ), Angelika Mader (ÖVP), Manfred Lerch (ÖVP) und Herbert Klieber (BLT) stimmten dagegen, Ersatz-GR Stefan Stillebacher (Telfs neu) enthielt sich der Stimme. Die Opposition warf dem Rechnungsleger in erster Linie Schönfärberei des Rechnungsabschlusses vor. GV Angelika Mader (ÖVP) und GR Norbert Tanzer (PZT/SPÖ) stießen sich an der Aktivierung des Hauses der Telfer Kinder (2020 Schenkung an die Gemeinde, Anm.) mit 1,5 Mio. Euro im Ergebnis- und Vermögenshaushalt. „Ohne diese Summe würde der Ergebnishaushalt ganz anders aussehen“, so Mader. Kassenleiterin Doris Schiller entgegnete, dass die Finanzverwaltung sogar gesetzlich verpflichtet sei, diese Immobilie zur Gänze im Vermögenshaushalt aufzunehmen.