Weiterer Meilenstein für das Wasserstoff-Projekt des Tiroler Lebensmittelhändlers MPREIS: Vor kurzem wurde am Produktionsstandort in Völs bei Innsbruck jene Wasserstoff-Tankstelle in Betrieb genommen, an der im Spätsommer die ersten firmeneigenen Brennstoffzellen-Lkw betankt werden sollen. Bei der von Linde Engineering entwickelten Anlage handelt es sich um die erste Wasserstoff-Tankstelle Österreichs, die als reine Lkw-Tankstelle inkl. Trailerbefüllstation konzipiert wurde. Zugleich ist diese die derzeit leistungsstärkste Wasserstoff-Tankstelle Europas: Hier kann künftig nicht nur die gesamte Lkw-Flotte des Nahversorgers MPREIS betankt werden, die Wasserstoff-Lkw können auch in derselben Tankzeit befüllt werden, die man von vergleichbaren Diesel-Lkw gewohnt ist: Innerhalb von zehn Minuten tankt ein H2-Lkw an der MPREIS Wasserstoff-Tankstelle 40 Kilogramm Wasserstoff (H2) unter 350 bar Druck.
Seit März 2022 produziert MPREIS in Europas größter Single-Stack Elektrolyseanlage grünen Wasserstoff (H2). Nun wurde die firmeneigene H2-Tankstelle in Betrieb genommen, an der im Spätsommer die ersten Wasserstoff-Lkw der Firma MPREIS betankt werden. „Für den Regelbetrieb unserer Brennstoffzellen-Lkw ist nun alles angerichtet“, freut sich MPREIS-Projektleiter Ewald Perwög. „Es fehlen nur noch unsere eigenen Fahrzeuge.“ Die ersten drei H2-Lkw hätten von der Firma Hyzon Motors bereits im Mai geliefert werden sollen, aufgrund von Lieferengpässen einzelner Komponenten verzögert sich die Lieferung jedoch. „Im September wird es so weit sein: Dann wird MPREIS die ersten Brennstoffzellen-Lkw Österreichs im Regelbetrieb auf die Straße bringen und damit beginnen, seine Supermärkte emissionsfrei zu beliefern.“
Die Tankstelleninfrastruktur in Völs steht bereits. Um diese unter Realbedingungen zu testen, war in den letzten Wochen ein Test-Lkw der Firma Hyzon in Tirol im Einsatz. „Mit diesem Testfahrzeug konnten wir unsere Fahrer auf die neue Technik einschulen und die notwendigen behördlichen Abnahmen sowie zahlreiche Testbetankungen erfolgreich durchführen“, so Perwög.
Spezielle Anforderungen für die Betankung von Wasserstoff-Lkw
Die Betankung von Wasserstoff-Lkw folgt eigenen Regeln. Obwohl es hierzulande bereits einige H2-Tankstellen für Brennstoffzellen-Pkw gibt, können Schwerfahrzeuge an diesen nicht betankt werden. „Wasserstoff-Pkw und -Lkw tanken Treibstoff in unterschiedlichen Druckverhältnissen. H2-Pkw sind auf kleinere Tanks und höheren Druck (700 bar) ausgelegt, während Wasserstoff-Lkw 350 bar benötigen. Daher war von Anfang an klar, dass wir für unser Projekt eine eigene Betriebstankstelle bauen müssen“, so Perwög. „Mit Linde Engineering konnten wir den perfekten Partner dafür ins Boot holen. Die Expertise und die ausgereifte Technologie von Linde Engineering im Bereich Wasserstoff hat uns überzeugt, die Zusammenarbeit war höchst professionell. Gemeinsam mit den Experten ist es gelungen, eine weitere Grundlage für die Dekarbonisierung unseres Unternehmens zu schaffen und damit einen entscheidenden Beitrag für mehr Umweltschutz zu leisten.“
„Die Technologie der MPREIS-Wasserstofftankstelle setzt neue Höchststandards für Betankungs-Geschwindigkeit und erfüllt gleichzeitig unseren Linde Engineering Anspruch auf Sicherheit. Wir haben bei dieser Tankstation eine Reihe von Innovationen umgesetzt, wie zum Beispiel die Implementierung eines neuen standardisierten Betankungsprotokolls. Darüber hinaus haben wir Erzeugung, Vertankung sowie Verteilung integriert – dies ist aus unserer Sicht ein äußerst zukunftsfähiges Konzept“, erklärt Alexander Unterschütz, Senior Vice President Components bei Linde Engineering.
Leistungsfähigste Wasserstoff-Lkw-Tankstelle Europas
Linde Engineering entwickelte eine auf die Anforderungen von MPREIS maßgeschneiderte Betankungslösung. Kompressoren und Pufferspeicher sind auf die Abläufe in der Lebensmittel-Logistik ausgelegt, in denen innerhalb kurzer Zeit viele Fahrzeuge betankt werden müssen. Die Tankstelle ist in der Lage, mit einer Zapfsäule 40 Lkw und mehr innerhalb von 24 Stunden zu betanken. In Spitzenzeiten können bis zu 12 Wasserstoff-Lkw innerhalb von drei Stunden betankt werden.
„Unsere Fahrer sind es gewohnt, ihre Diesel-Fahrzeuge innerhalb von nur zehn Minuten zu betanken. Die Tankstelle von Linde macht es möglich, dass ein H2-Lkw in derselben Tankzeit mit 40 Kilogramm Wasserstoff betankt werden kann wie ein vergleichbarer Diesel-Lkw. Dafür ist erstmals ein neuer Standard bei der Betankung zum Einsatz gekommen“, so Thomas Thaler (Projektleitung Mobilität MPREIS, GF JuVe Automotion). Ein Kilogramm Wasserstoff entspricht etwa dem Energiewert von zehn Litern Diesel. 40 Kilogramm Wasserstoff entsprechen demnach einem Äquivalent von 400 Litern Dieseltreibstoff.
Tankstelle mit Symbolwirkung – MPREIS als Impulsgeber für andere Unternehmen
„Die Tankstelle ist hauptsächlich als MPREIS Betriebstankstelle ausgelegt und als solche nicht öffentlich zugänglich“, erklärt Perwög. An der Wasserstoff-Tankstelle sollen in erster Linie MPREIS-eigene Wasserstoff-Fahrzeuge betankt werden, die ersten drei Lkw sollen bereits im September 2022 in den Regelbetrieb gehen. „Wir wollen aber Impulsgeber sein und andere Unternehmen dazu animieren, es uns gleichzutun. Im Sinne des Aufbaus der Wasserstoff-Mobilität für den Schwerverkehr in Österreich soll die Tankstelle in weiterer Folge aber auch anderen Unternehmen für erste Probebetankungen und zu Testzwecken zur Verfügung gestellt werden“, erklärt Perwög. So soll in den nächsten Wochen beispielsweise ein Wasserstoff-Bus der Innsbrucker Verkehrsbetriebe (IVB) an der Wasserstofftankstelle in Völs betankt werden. Die IVB testen einen wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen-Bus für den Öffentlichen Personennahverkehr in der Tiroler Landeshauptstadt.
Erste H2-Tankstelle mit Trailerbefüllstation
Die Anlage ist die erste Wasserstoff-Tankstelle Österreichs, die als reine Lkw-Tankstelle inklusive Trailerbefüllstation konzipiert wurde. An ihr können sowohl einzelne H2-Lkw betankt als auch sogenannte „Trailer“ – also Drucktanks auf Sattelaufliegern zum Transport von H2 – befüllt werden. Ewald Perwög erklärt: „Das Ziel muss es sein, die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff in unserer Region sicherzustellen.“ „Mit der Trailerbefüllstation haben wir die Grundlage geschaffen, auch unseren Partnern bei Bedarf Wasserstoff liefern zu können“, so MPREIS-Geschäftsführer Peter Paul Mölk.
Logistikprojekt HyWest: Grundstein für grüne, regionale Wasserstoffwirtschaft
Der Hintergrund: MPREIS ist mit dem Landesenergieversorger TIWAG und den Zillertaler Verkehrsbetrieben, die beide ebenfalls Wasserstoffprojekte in Umsetzung haben, im österreichischen Forschungs- & Entwicklungsprojekt HyWest verbunden. Ein Teil dieses Projekts ist es, sich gegenseitig Wasserstoff zur Verfügung zu stellen, falls die H2-Produktion im Falle von Wartungsarbeiten oder eines Ausfalls bei einem der Partner zum Erliegen kommt. „Mit den Trailerbefüllstationen können wir uns gegenseitig aushelfen. Das ist das Fundament für den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft im Westen Österreichs“, so Peter Paul Mölk abschließend.
Titelbild: Bereit für den Einsatz: Die Wasserstoff-Tankstelle von MPREIS ist fertiggestellt.
© MPREIS / Franz Oss