Täglich landen in Österreich tonnenweise noch genießbare Lebensmittel im Müll. Eine Situation, die in vielen westlichen Industrieländern ähnlich ist. Das ist moralisch fragwürdig, verschwendet aber vor allem Ressourcen. Um dieses System zu ändern, braucht es strengere gesetzliche Rahmenbedingungen.
Allein in Österreich entstehen jährlich rund eine Million Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle. 58 Prozent sind auf Privathaushalte, 18 Prozent auf den Außer-Haus-Verzehr und 14 Prozent auf die Verarbeitung zurückzuführen. Betroffen sind vor allem Brot, Süß- und Backwaren (28 Prozent), Obst und Gemüse (27 Prozent) und tierische Produkte (23 Prozent). Mit den weltweit verschwendeten Lebensmitteln könnten rund 3,5 Milliarden Menschen ernährt werden. „Es ist eine Schande, dass wir derart viele Lebensmittel achtlos in den Müll werfen. Viele von uns haben da einfach die Wertschätzung und auch das Lebensmittelwissen verloren“, zieht LK-Präsident Josef Hechenberger angesichts der Zahlen eine ernüchternde Bilanz.
Frankreich als Vorbild
Frankreich war weltweit das erste Land, das die Lebensmittelverschwendung offiziell unter Strafe stellte. Supermärkte mit einer Ladenfläche von mehr als 400 Quadratmetern werden verpflichtet, unverkaufte Lebensmittel an örtliche Tafeln oder andere gemeinnützige Institutionen zu spenden. Im Lehrplan der Schulen ist zudem vorgegeben, dass Schüler/innen über Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung aufgeklärt werden müssen. Seit Juli 2021 sind Restaurants zusätzlich verpflichtet, sogenannte „Doggybags“ anzubieten – also Möglichkeiten, um Reste der Mahlzeit mit nach Hause zu nehmen.
Handlungsbedarf in Österreich
In Österreich gibt es keine Verbote mit Strafen. Hierzulande setzt man auf Bewusstseinsbildung. „Vielen Konsumentinnen und Konsumenten ist gar nicht bewusst, wie viele Ressourcen erforderlich sind, um bestimmte Lebensmittel herzustellen. Daher ist grundsätzlich jede Aktion, die dazu dient, weniger Lebensmittel zu verschwenden, zu begrüßen.“ Aber diesen ersten Schritten müssen laut LK-Präsident Josef Hechenberger weitere folgen: „Um der Lebensmittelverschwendung den Kampf anzusagen, braucht es vor allem eine Bereitstellung für den menschlichen Verzehr. Generell sollten Größen- und Normvorgaben vom Handel überdacht und noch genussfähige Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden können, an soziale Einrichtungen abgegeben werden“. Hechenberger fordert in diesem Zusammenhang ein Verbot von Lebensmittelverschwendung wie in Frankreich und zudem ein Umdenken in der gesamten Gesellschaft: „Es muss geprüft werden, welche gesetzlichen Lücken geschlossen werden müssen, damit keine noch genießbaren Lebensmittel im Abfall landen.
Erwartungshaltung ändern
Zusätzlich muss sich auch unsere Erwartungshaltung ändern. Bis zum Ladenschluss komplett gefüllte Regale – braucht es das wirklich?“ Ein Dorn im Auge sind Hechenberger auch Lockangebote: „Mengenrabatte im Frischwarenbereich oder Multipackangebote verleiten dazu, mehr zu kaufen, als eigentlich gebraucht wird. Das ist nicht zielführend. Stattdessen sollten Produkte rechtzeitig vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums verbilligt angeboten werden.“ Lebensmittel sollen leistbar sein, allerdings nicht verramscht werden: „Wir brauchen hier dringend einen Paradigmenwechsel, alles andere ist nicht zu rechtfertigen. Der Begriff Nachhaltigkeit wird ja derzeit gerne verwendet – wer beim Lebensmittelkauf wirklich nachhaltig sein will, sollte in erster Linie darauf achten, möglichst bedarfsgerecht zu kaufen und Abfälle zu reduzieren!“
Titelbild: Pixabay/Tomasz Brzozowski