Gemeinsam gegen Energiearmut

10.000 Haushalte in Tirol sind energiearm, sie können die monatlichen Kosten für Strom und Heizung nicht stemmen. Um diese Menschen zu unterstützen, riefen fünf Projektpartner 2016 die Initiative DoppelPlus ins Leben. Die Idee: Menschen in einkommensschwachen Haushalten erhalten Beratungen, um einerseits Kosten zu sparen und andererseits einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten – ein doppeltes Plus für alle.

Von Energiearmut betroffen sind jene Menschen, die angesichts hoher Strom- und Heizkosten ein höheres Risiko haben, in die Armutsfalle zu gelangen. In Österreich sind das ca. 3 % aller Haushalte. Auf Tirol heruntergebrochen entspricht das rund 10.000 Haushalten. Laut Georg Benke vom Ingenieurbüro für Energie und Umwelttechnik in Wien braucht es das Zusammenspiel von mehreren Verantwortlichen, um das Problem der Energiearmut in den Griff zu bekommen: Energieversorger, Sozialeinrichtungen, Wohnrechtsexperten und Energieberatung. Diese Vernetzung ist zentraler Bestandteil der Initiative DoppelPlus, die vor fünf Jahren von den ProjektpartnerInnen Klimabündnis Tirol, Energie Tirol, Caritas, AlpS und komm!unity Wörgl initiiert wurde.

Ein Plus für das soziale Miteinander
Mehr als 800 Haushalte profitierten seitdem von einer DoppelPlus-Beratung. Das Ergebnis spricht für sich: Ein durchschnittlicher Haushalt kann durch das Coaching 209 Euro im Jahr einsparen. In Emissionswerten ausgedrückt, bedeutet das für Tirol, dass jährlich 630 Tonnen weniger CO2e in der Atmosphäre landen. Das seien aber nur die Erfolge in Zahlen, weiß die LHStvin Ingrid Felipe: „Klimafreundliches Handeln ist auch ein wirtschaftlicher Gewinn. Neben dem Beitrag für den Klimaschutz, liegt der große Erfolg des Projekts aber auf der sozialen Ebene“, sagt die Klimaschutzlandesrätin und nennt einige Beispiele: die Inklusion von Menschen mit Migrationsgeschichte durch mehrsprachige Broschüren und Beratungen, die Steigerung der Lebensqualität in den Haushalten, die tirolweite Vernetzung der Ehrenamtlichen und ProjektpartnerInnen, oder die Wertschätzung von Tiroler Bäuerinnen und Bauern durch regionale Ernährung.

Land Tirol führt DoppelPlus fort
„Für die Umsetzung unsere Energiestrategie TIROL 2050 energieautonom zählen die kleinen und die großen Schritte gleichermaßen. Wir wollen eine sozial leistbare Energiewende schaffen und alle Menschen im Land auf unserem Weg in eine nachhaltigere Zukunft mitnehmen. Die Initiative DoppelPlus war und ist eine wichtige Säule, um energiesparendes Verhalten im Alltag der Tirolerinnen und Tiroler zu verankern“, ergänzt Energielandesrat LHStv Josef Geisler.  Aufgrund der nachhaltigen Wirkung und des mehrfachen Nutzens wurde das Projekt auf Antrag von Felipe und Geisler durch einen Beschluss der Tiroler Landesregierung bis April 2022 verlängert. Bisher wurde die Initiative aus den Mitteln des LIFE-Fonds der Europäischen Union, sowie mit der Unterstützung von Land Tirol und Stadtwerke Wörgl, finanziert.

Ehrenamtliche als zentrale Stütze
Das Herzstück von DoppelPlus sind mehr als 90 ehrenamtliche Energie- und Klimacoaches, die im Rahmen der Initiative eine Ausbildung erhalten. Sie sind in ganz Tirol unterwegs, um Menschen mit geringem Einkommen Tipps und Tricks für einen ressourcenschonenden Lebensstil zu geben. Einer von ihnen ist Roland Gruber aus Volders. Für den ausgebildeten Energieberater war vor allem die soziale Komponente Grund für sein Engagement. „Eine neue Erfahrung war für mich, dass Energiearmut jeden treffen kann. Das wurde mir spätestens dann klar, als wir eine junge Studentin zu betreuen hatten.” Das Problem ziehe sich quer durch die Gesellschaft. Besonders oft von Energiearmut betroffen sind Langzeitarbeitslose, genauso wie Pensionisten oder alleinerziehende Elternteile. Besonders Frauen rutschen leicht in die Armutsfalle. Die Hauptprobleme seien oft Kleinigkeiten, wie tropfende Wasserhähne oder Radiatoren zum Heizen. „Die Nachzahlungen können dann schnell in die hunderte Euro gehen”, so Gruber.

Ein Plus fürs Klima
„Wenn ich am Ende des Monats überlegen muss, wie ich meine Stromrechnung zahlen kann, betrifft mich das natürlich viel unmittelbarer als die globale Klimakrise”, führt Andrä Stigger, der Geschäftsführer von Klimabündnis Tirol, aus. „Das Gute an DoppelPlus ist, dass Menschen aus einkommensschwachen Haushalten gleichzeitig Geld sparen können und zu aktiven Gestaltern eines nachhaltigen Wandels werden.” Einsparungspotenzial sei nicht nur beim Strom- und Wasserverbrauch gegeben, sondern auch in anderen Bereich, wie Mobilität und Konsum. Ein eigenes Auto etwa, koste monatlich in etwa so viel wie das Jahresticket des Verkehrsverbund Tirol (VVT), so Stigger. Und auch die Ernährung mit frischen Zutaten, anstatt mit Fertigprodukten, sei nicht nur gesünder, sondern schont auch die Geldbörse.

Zu den Energie- und Klimaspartipps von DoppelPlus

Foto: DoppelPlus/Florian Lechner