Die aktuelle Coronavirus-Pandemie stellt die gesamte Gesellschaft vor eine enorme Herausforderung, die alle Lebensbereiche umfasst. Dabei geht es auch um die Auswirkungen der Krise auf die Tiroler Wirtschaft. Um diese bestmöglich abzufedern, trifft das Land Tirol in enger Abstimmung mit dem Bund verschiedene Maßnahmen. Ergänzend zur Kurzarbeitsregelung und dem Härtefallfonds des Bundes stellt das Land Tirol selbst ein 400 Millionen Euro-Maßnahmenpaket mit Sofortmaßnahmen und längerfristigen Konjunkturmaßnahmen zur Verfügung. „Der Wirtschaftsstandort Tirol befindet sich heute in einer komplett unerwarteten Situation, die noch vor wenigen Wochen völlig undenkbar gewesen wäre. Wir müssen uns daher jetzt auf diese Negativentwicklung einstellen und gleichzeitig besonnen und entschlossen gegensteuern. Nur so können wir auch die wirtschaftlichen Folgen dieser Situation bewältigen“, betont LH Günther Platter.
Größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg
Feststehe, dass Tirol zumindest eine sehr gute Ausgangsposition hatte, da seit November 2015 die Arbeitslosigkeit kontinuierlich zurückgegangen sei und sich die wirtschaftliche Situation immer weiter verbessert habe. „Trotzdem wird die gegenwärtige Krise alles in den Schatten stellen, was wir seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt haben. Aber: Wenn wir alle zusammenstehen, können wir die Krise meistern“, so LH Platter. Als Exportland sei Tirol auch von den Entwicklungen in den Nachbarstaaten abhängig, die man genau beobachte.
Es sei bemerkenswert, so LHStvin Ingrid Felipe, wie schnell die Coronakrise alle Bereiche des Lebens verändert habe: „Unsere Welt wurde in den letzten drei Wochen auf den Kopf gestellt. Die Gesellschaft insgesamt ist nun extrem gefordert. Die Gesundheit der Menschen steht selbstverständlich über allem. Gleichzeitig werden nun unsere Wirtschaft, die Betriebe und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber auch die Konsumentinnen und Konsumenten massiv getroffen.“ LHStvin Felipe appelliert daher, „möglichst regionale Waren einzukaufen um dadurch die Tiroler Wirtschaft direkt zu unterstützen.“ Gleichzeitig solle man auch achtsam bleiben und sich vor BetrügerInnen schützen, die in krimineller Absicht die momentane Situation ausnützen.
Gemeinsame Stärkung des Wirtschaftsstandortes Tirol
Von den Auswirkungen der Corona-Krise sind zahlreiche Branchen der heimischen Wirtschaft betroffen. Viele haben auf Grund der aktuellen Situation einen Totalausfall erlitten, andere beklagen starke Umsatzrückgänge. Daneben gibt es dennoch viele Betriebe, in denen gearbeitet wird und die das Wirtschaftssystem derzeit am Laufen halten. Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf: „Die Wirtschaft ist ein eng verzahntes System – nicht nur über Ländergrenzen, sondern auch über Branchengrenzen hinweg. Durch die weltweite Epidemie wird die Situation jeden Tag schwieriger, da dies direkte Auswirkungen auf Lieferketten und die Auftragslage hat.“ Wichtig sei der Zusammenhalt innerhalb der Tiroler Bevölkerung und die gemeinsame Stärkung des Standortes Tirol. Man müsse jeweils die individuellen Situationen der Unternehmen beurteilen und schnell unterstützen, wo dies notwendig ist.
„In den vergangenen Wochen halten wir einen intensiven Kontakt zu Unternehmerinnen und Unternehmern und konnten auch bereits einige individuelle Probleme lösen“, so LRin Zoller-Frischauf. Die Beratung der Betriebe erfolge immer in enger Abstimmung mit der Wirtschaftskammer Tirol. Ein Dank gelte an dieser Stelle insbesondere den MitarbeiterInnen der Wirtschaftskammer, die in den vergangenen Wochen im Dauereinsatz sind. „Letztlich hängen die Auswirkungen sehr stark von der Dauer der Gesundheitskrise ab. Und je schneller wir die Corona-Pandemie bewältigen, desto schneller kann sich auch unsere Wirtschaft wieder nachhaltig erholen. Dafür tun wir jetzt alles, was in unserer Macht steht“, so die Wirtschaftslandesrätin.
Auch Christoph Walser, Präsident der Wirtschaftskammer Tirol, betont, dass eine derartige Situation für die Tiroler Wirtschaft noch nie da war. Man arbeite Tag und Nacht daran, UnternehmerInnen wie auch MitarbeiterInnen zu beraten, zu unterstützen und ihnen ihre Sorgen zu nehmen. Knapp 20.000 Anrufe habe die Tiroler Wirtschaftskammer in den letzten Tagen abgearbeitet, ebenso eine Vielzahl an Anfragen per E-Mail. „Wir müssen jetzt alle zusammenstehen. Es geht darum, den Unternehmerinnen und Unternehmern und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu helfen und so viele Arbeitsplätze wie möglich abzusichern. Ein Dank geht an dieser Stelle auch an die Tiroler Landesregierung, die sich auch in der aktuellen Krise einmal mehr als verlässlicher Partner der Wirtschaft präsentiert“, so Walser.
Liquidität der Unternehmen zentral
Das Wichtigste für die Wirtschaft sei die Aufrechterhaltung der Liquidität, so die Wirtschaftslandesrätin. „Die Unternehmen müssen Geld zur Verfügung haben, damit sie Mieten, Betriebskosten sowie Löhne und Gehälter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zahlen können“, erklärt LRin Zoller-Frischauf. Da gebe es seitens des Bundes viele Maßnahmen, von Steuer- und Sozialversicherungsstundungen bis zu Kurzarbeit, Haftungsgarantien und Überbrückungsfinanzierungen. Seitens des Landes unterstütze man zusätzlich etwa mit Zinszuschüssen von bis zu 1,5 Prozent für Kredite mit Bundeshaftung. Das Land Tirol hat dafür bis zu 10 Millionen Euro vorgesehen.
Härtefallfonds des Bundes
Der Härtefallfonds des Bundes, der insbesondere Ein-Personen-UnternehmerInnen helfen soll, wurde am gestrigen Donnerstag vorgestellt. Ab heute, 17 Uhr, können entsprechende Anträge bei der Wirtschaftskammer Tirol eingebracht werden. „Der Härtefallfonds ist eine ‚Erste Hilfe‘ für die Unternehmerinnen und Unternehmer persönlich, nicht für das Unternehmen an sich. Die Bearbeitung der Anträge soll rasch vonstattengehen, damit kommende Woche dann das Geld an die Betroffenen fließen kann“, so Walser. Österreichweit rechne man mit rund 70.000 Anträgen. Seitens des Landes werde man sich genau ansehen, ob und wo hier auch Lücken bleiben, um diese dann gegebenenfalls mit Landesgeldern zu schließen, so LRin Zoller-Frischauf. Nächste Woche folgen seitens des Bundes Details zu einem eigenen Notfallfonds, der 15 Milliarden Euro umfasst und wiederum kleine und mittlere Betriebe unterstützen soll.
Folgekosten der Krise abfedern
Christian Keuschnigg, Direktor des Wirtschaftspolitischen Zentrums und Professor für Nationalökonomie an der Universität St. Gallen sieht in den teils bereits umgesetzten und geplanten wirtschaftspolitischen Maßnahmen gute Ansätze, um die Krise mit möglichst geringen Schäden zu überstehen. „Es geht darum, die Kosten und die Schuldenlast möglichst breit und fair zu verteilen, das ist gesamtwirtschaftlich sehr wichtig. Denn hohe Folgekosten wird es geben. Jedenfalls muss die Liquidität der Unternehmen gesichert werden, um den drohenden Wirtschaftseinbruch abzufedern“, so Keuschnigg. Österreich und Tirol sind laut Keuschnigg im europaweiten Vergleich relativ gut gerüstet. Man müsse jedenfalls die Voraussetzungen schaffen, um die Wirtschaft nach der Krise wieder hochzufahren und in Zukunft auch verstärkt in die Krisenfestigkeit der Wirtschaft investieren.