Corona trifft uns alle. Das gilt auch für die Tiroler Landwirtschaft. „Es ist bei Weitem nicht so, dass die Tiroler Landwirtschaft von dieser schwierigen Situation, in der wir uns alle befinden, profitieren würden. Ich möchte die Bevölkerung deshalb bitten: Kaufen Sie Lebensmittel aus der Region, stärken Sie die heimische Landwirtschaft, unsere verarbeitenden Betriebe und die Nahversorger wie Bäckereien, Metzgereien und Sennereien in unseren Dörfern! Dieser Schulterschluss ist wichtiger denn je“, appellierte LHStv Josef Geisler in einer Live-Pressekonferenz zur aktuellen Situation in der Tiroler Landwirtschaft. Die beste und wirksamste Hilfe sei der bewusste Einkauf. Darüber hinaus brauche es aber noch zusätzliche Maßnahmen zur Bewältigung der Krise in der Landwirtschaft. Die bäuerlichen Familien, die Tag für Tag hochwertigste Lebensmittel und die MitarbeiterInnen in den Verarbeitungsbetrieben seien ebenfalls AlltagsheldInnen.
„Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, produziert unsere Landwirtschaft natürlich auch in der Krise weiter. Das heißt aber nicht, dass sie von den Auswirkungen und wirtschaftlichen Einbußen nicht betroffen ist – im Gegenteil! Es sind auch für die Land- und Forstwirtschaft herausfordernde Zeiten, in denen deutlich wird, welch wichtige Rolle unsere Bäuerinnen und Bauern für die Gesellschaft spielen“, betont Landwirtschaftskammerpräsident Josef Hechenberger.
Fleischbereich unter Druck, 60 Prozent Außer-Haus-Verzehr
Die Direktvermarktung verzeichnet in vielen Regionen erhebliche Nachfragesteigerungen All jene, die Absatzkanäle in der Gastronomie und im Tourismus oder im Ausland haben, sind mit massiven Absatzschwierigkeiten konfrontiert. Die 2.000 im Tourismus tätigen bäuerlichen Betriebe haben überhaupt keine Umsätze mehr. Zu den Sorgenkindern zählen auch die landwirtschaftlichen Gärtnereibetriebe und der Forst. Zudem werden 80 Prozent der bäuerlichen Betriebe im Nebenerwerb geführt. Zahlreiche Nebenerwerbsbauern haben ihre Arbeit verloren oder sind in Kurzarbeit. Probleme hat die heimische Land- und Forstwirtschaft auch im Vieh- und Fleischbereich. „Gerade beim Rindfleisch ist die Marktsituation sehr angespannt. Das hat vor allem mit dem Wegfall des Außer-Haus-Verzehrs zu tun, wo rund 60 Prozent der Menge abgesetzt werden“, erläutert der Tiroler Landwirtschaftskammerpräsident.
Hilfsmaßnahmen des Landes Tirol
Bund und Land sind bemüht, der Landwirtschaft in dieser schwierigen Situation Hilfestellungen zu bieten. „Unser Ziel ist es, den bäuerlichen Betrieben bestmöglich durch die Krise zu helfen. Damit wollen wir die Versorgung mit regionalen Lebensmitteln nicht nur in der derzeitigen Situation, sondern auch für die Zukunft sichern“, so Geisler. Das Land Tirol hat exakt auf die Anforderungen der kleinstrukturierten Tiroler Landwirtschaft zugeschnittene Hilfsmaßnahmen ausgearbeitet. Der Landeskulturfonds bietet land- und forstwirtschaftlichen Betrieben eine Überbrückungsfinanzierung. Die für das heurige Jahr zinsenlose Überbrückungskredite sollen die Liquidität der bäuerlichen Neben- und Vollerwerbsbetriebe sicherstellen. Alle Informationen und Formulare sind bereits auf der Homepage verfügbar. „Darüber hinaus sind wir mit dem Bund wegen der Stundung von Agrarinvestitionskrediten im Gespräch“, setzt Geisler auf die Sicherung der Zahlungsfähigkeit und die zeitliche Verschiebung von Zahlungsverpflichtungen. „Im Vieh- und Fleischbereich werden wir absatzfördernde Maßnahmen setzen“, kündigt Agrarreferent LHStv Josef Geisler an.
Versorgung mit heimischem Gemüse sichern
Im Gemüsebau ist das vordringliche Ziel, die Tiroler Bevölkerung mit heimischem Gemüse zu versorgen. Die Ernte steht – beginnend mit den Radieschen – unmittelbar bevor. Doch die Arbeitskräfte fehlen. Über die von Bundesministerin Elisabeth Köstinger initiierte Job-Plattform www.dielebensmittelhelfer.at haben sich in Tirol über 1.000 Personen gemeldet, um entlang der Lebensmittellette von der Produktion, über die Vermarktung bis zum Handel mitzuhelfen. Die Kontaktaufnahme zu den heimischen Helferinnen und Helfer ist bereits angelaufen. Doch nur rund 15 Prozent würden auch Vollzeit zu Verfügung stehen, bei weitem nicht alle können sich vorstellen, im Gemüsebau zu arbeiten.
Es braucht HelferInnen und Schlüsselarbeitskräfte
Weil trotz aller Bemühungen absehbar ist, dass das nicht ausreichen wird, laufen die Bemühungen zusätzlich Schlüsselarbeitskräfte aus dem Ausland nach Tirol zu holen. „Wenn wir nicht wollen, dass die Ernte auf den Feldern verrottet und eingeackert wird, brauchen wir beides – die einheimischen Helferinnen und Helfer und die ausländischen Schlüsselkräfte“, betonen Geisler und Hechenberger unisono. Der Gesamtbedarf an Erntehelfern über die Saison liegt in Summe in Tirol bei rund 800 Arbeitskräften.
Abschließend rufen Agrarlandesrat LHStv Josef Geisler und Landwirtschaftskammerpräsident Josef Hechenberger auch den Handel zu Solidarität, Patriotismus und fairen Preisen auf und appellieren nochmals an die Bevölkerung: „Tirols Bäuerinnen und Bauern liefern. Die Versorgung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln ist gesichert. Helfen Sie mit Ihrem Einkauf mit, dass das jetzt und auch in Zukunft so ist und regionale Arbeitsplätze erhalten bleiben!“