„Raus aus der Komfortzone und neue Wege gehen“, lautet der Tipp des international tätigen, erfolgreichen Personal Trainers Joachim Pötschger, alias „Jopo“. Ihm verdankt James-Bond-Darsteller Daniel Craig seinen durchtrainierten Körper, auch trainierte er bereits mit den Klitschko-Brüder oder Waris Dirie und begleitet Spitzensportler in seinem Athletic Camp Austria in Seefeld an die Weltspitze.
Von Elisabeth Zangerl
Oberland DABEI: Zuerst einmal:Wo und wie sind Sie aufgewachsen? Und waren Sie schon als Kind ein „Siegertyp“?
Joachim Pötschger: Ich bin 1976 in Schwaz geboren und in Wiesing im Bezirk Schwaz aufgewachsen. Meine Eltern sagen, ich sei ein „braves„ Kind gewesen und sehr umgänglich, bewegungsfreudig und dennoch an allem interessiert. Vor allem Tiere und die Natur lagen und liegen mir sehr am Herzen. Ich sah schon damals nicht das „unbedingte Siegen„ als Novum, sondern das Miteinander. Jeder lernt von Jedem, es gibt in jeder kleinsten Gesellschaft und unterschiedlichsten Kultur sowie Altersklasse etwas zu entdecken und zu hinterfragen. Das habe ich mir beibehalten, ohne voreilig ein Urteil zu fällen. Eine gesunde Toleranz und Fairness gegenüber seinen Mitmenschen machen uns alle zu Siegertypen, wenn man das so definieren möchte. Was ich bei mir selbst entdeckt habe, als ich des öfteren allein im Ausland unterwegs war, ist eine enorme Disziplin und ein ausgeprägter Ehrgeiz in jeglichen Dingen. Das hat mir sehr geholfen.
Oberland DABEI: Wo starteten Sie ihre Karriere? Und:Ist Hollywood wirklich DAS Mekka für Personal Trainer bzw. empfehlen Sie potentiellen Nachahmern eine Auslandszeit?
Joachim Pötschger: Ein schwerer Mountainbikeunfall mit mehrfachem Kieferbruch leitete ein, was mich heute noch prägt: dem Körper bewusste Zeit geben, um vital, belastbar und schmerzfrei zu sein – mentaler Input fördert physischen Output. Ich fand einen für mich geeigneten und vor allem logischen Zugang zu anatomischen Abläufen des menschlichen Körpers, es erschien mir sehr einfach. Somit begann eine Ausbildung zum B – Lizenz Trainer ( Anm.: nebenberuflich; zuvor schloss ich eine Schlosser und EDV – Ausbildung erfolgreich ab ) und folgend viele weitere. Ich lernte für mich und für meinen weiteren Werdegang. Mir war klar, dass ich in den Gesundheitsbereich wechseln werde, sobald ich sozusagen sattelfest war. Nach einem Jahr als Studioleiter in einem Innsbrucker Fitnessclub wurde ich nach Monte Carlo zu Ronnie Leitgeb`s Stützpunkt vermittelt und begann ein mehrjähriges Studium zum MAS health&fitness. Folgend eröffneten wir einen Höhentrainingsstützpunkt in St. Moritz, wo ich weitere Kontakte zu namhaften Sportgrößen und Hollywoodschauspielern schloss. Nach zehn Jahren Schweiz, einem eigenem Fitnesskonzept, speziell für Hotels, und einer Zusatzausbildung zum Spa-Manager, war ein Wechsel für mich die logische Folge. Es galt, Angebote zu sortieren und folgend anzunehmen. New York war mein neues und mehrjähriges Zuhause, von dort aus begleitete ich diverse Kunden im Bereich Film, Spitzensport und Musik. Das Ausland sah ich persönlich immer als Chance und nie als Risiko. ich kannte meine Stärken und Schwächen. Es galt Beides einzusetzen – Schwächen, um zu lernen und sich selbst zu entdecken, die Stärken um gewisse Puzzleteile in einer für Menschen nicht perfekten Umgebung zu legen. Egal ob Hollywood oder New York: Ich kann jedem jungen Menschen nur raten, einige Zeit aus der Komfortzone zu treten und neue Wege zu gehen. Es gibt so Vieles zu entdecken und vor allem sich selbst, man erkennt, wer man ist und wer man werden möchte. Wir leben in einem behüteten Umfeld und so schön Tirol auch ist – die Welt da draußen bietet mehr, als Viele von uns denken. Vor allem wenn man mit Menschen arbeiten möchte. Ein gewohntes Miteinander wird zu einem gewohnten Verhalten und somit einfärbig. So verlernen wir gerne, wie bunt und vielfältig es doch sein kann und vor allem sollte.
Oberland DABEI: Sie begleiten Spitzensportler in Ihrem Athletic Camp Austria in Seefeld an die Weltspitze. Sie waren der Personal Trainer von James-Bond-Darsteller Daniel Craig, trainier(t)en mit Waris Dirie oder den Klitschko-Brüdern. Ganz banal gefragt: Wie kommen Sie zu solch prominenten Kunden?
Joachim Pötschger: Seit circa fünf Jahren bin ich wieder zurück in Tirol und habe 2017 zusammen mit Sponsoren und Partnern das Athletic Camp Austria gegründet. Zuerst am Standort Telfs und nun in Seefeld, da dort die optimale Höhenlage und Umgebung dafür ist. Weiters ist die Firma EasyMotionSkin ein langjähriger Partner, ein Zusammenschluss bringt beide Firmen voran. Mein Netzwerk zu VIP`s und Spitzensportlern sowie die Kontakte von Christian Jäger, dem CEO von EasyMotionSkin, lassen sich bestens vereinen, in jeglichen Bereichen. Was den Bereich prominente Kunden betrifft, treffen immer wieder Angebote von Agenturen aus England oder den USA ein. Wenn man einmal zufriedene Kunden hat, ist Mundpropaganda der Funke zum Pulverfass. Dies trifft aber in fast allen Berufen zu. Was mir dabei bestimmt auch geholfen hat, sind mehrere Sprachen, eine Verschwiegenheit gegenüber gewissen Themen innerhalb dieser Kreise und eine stets positive Einstellung zum Leben.
Oberland DABEI: Was würden Sie sagen: Wie lange braucht es, bis jemand fit für eine TV-Rolle wie jene von James Bond ist? Und, glauben Sie, dass das jeder schaffen könnte?
Joachim Pötschger: Natürlich gibt es genetische Vorteile von Mensch zu Mensch, aber ich kenne keinen meiner Kunden, der sich darauf ausruht. Jeder von uns kann „fit„ sein oder werden, nur wie definiert man das? Jeder Mensch hat unterschiedliche Ansprüche an sich selbst, für Viele ist „schmerzfreie Bewegung„ schon das Ziel. Als Personal Trainer steht es mir auch nicht zu, die optimale Fitness eines Kunden festzulegen – Leistungssportler ausgenommen. Man geht Wege zusammen, verfolgt Ziel für Ziel. Nicht zu vergessen, dass Kunde und Trainer auch ein mentaler Aspekt verbindet: Der Klient muss einem Trainer vertrauen können und sich darauf verlassen, das individuell für ihn beste Trainingsprogramm zu finden. Ich als Coach respektiere dabei auch seine Alltagsgewohnheiten und sein Familien- sowie Arbeitsleben. Man darf nicht den Charakter des Kunden selbst verändern oder in gewisse Abläufe eingreifen, sondern muss motivieren, erklären und verbessern. Studien belegen, dass das Training mit geführten Maschinen nur ein geringes Wachstum fördern. Nicht falsch verstehen, ich finde Maschinenparks eine großartige Erfindung und Unterstützung, aber nach kurzer Zeit gewöhnt man sich daran. Der menschliche Körper reagiert auf Gewohnheiten und stagniert, es müssen freie Bewegungsabläufe mit unterschiedlichsten Ansprüchen immer wieder neu aufgesetzt werden. Und dann kann Jeder seinem Ziel näher kommen und dies erreichen, ja.
Das Schweizer Bobteam Ralf Schumacher Mark Webber Karina Sarkissova Heather Mills Felix Baumgartner Elisabetta Canalis
Oberland DABEI: Im Sommer trainieren Sie mit einem bekannten Hollywoodstar, der eigens für das Training mit Ihnen nach Österreich reist. Wie kann man sich Ihre Vorbereitung für solch ein Fitnessprogramm vorstellen? Standard-Schema wird´s keines geben, aber bekommt wirklich jeder einzelne Ihrer Kunden ein eigenes, individuell zusammengestelltes Programm?
Joachim Pötschger: Individuelles Training ist der Knackpunkt für die Weiterentwicklung jedes Kunden. Diverse Anamnesen, Schwächen des Bewegungsapparates, Verletzungen akut oder passiv, der allgemeine Körperaufbau sowie „physical burnouts“ gilt es festzustellen und immer zu beachten. Auch die Körpersprache verrät viel, die allgemeine Haltung deckt immer Schwächen auf. Um das alles passend zu verpacken und in das Training umzulegen braucht es Erfahrung und Beobachtungsgabe. Ich habe dies für mich in einfachen Schritten festgelegt und denke, dass dies ausschlaggebend für den Trainingserfolg ist.
Oberland DABEI: Beschränkt sich Ihr Wirken „nur“ auf die körperliche Fitness, oder stehen Sie Stars und Spitzensportlern auch bei Ernährungsfragen hilfreich zur Seite? Worauf sollte hier geachtet werden?
Joachim Pötschger: Die Ernährung spielt eine sehr große Rolle, nicht nur bei sportlichen Verbesserungen sondern auch bei der Lebensqualität an sich. Wer hat noch nie die Erfahrung gemacht, am Vorabend zu „schwer„ gegessen zu haben und am Folgetag erschöpft zu sein, da sich dies auf die Schlafqualität ausgewirkt hat. Ebenso kommt unser Stoffwechsel aus dem Rhythmus, die Versorgung des Körpers ist geschwächt etc. Ich sehe das Thema Ernährung als größte Säule im Bereich Gesundheit und behandle dies auch so. Dabei messe ich anhand eines Metabolic Screenings diverse Parameter aus, das Messgerät habe ich aus den USA mitgebracht. Dabei erkenne ich Stoffwechselkurve, Makro – und Mikronährstoffe im Ist- und Soll-Zustand. Es ist keine Diät zu befolgen, im Gegenteil: Die Versorgung des Kunden wird einfach so gestaltet, dass Energie – sowie Nahrungsquellen optimal zusammengesetzt werden. Man darf Diäten nicht wie Wunderwaffen behandeln, es ist nur „mind in a box„ – und wer will sich schon eingrenzen müssen, um fitter zu werden? Ich denke niemand. Unser Stoffwechsel ist der wichtigste Bestandteil im Bereich Wellbeing und Gesundheit, der individuell gewählte Sport sind die Schritte zur Fitness. Und nicht zu vergessen – die Erholung/Regeneration. Das ist wieder ein eigenes und ebenso individuell unterschiedliches Terrain.
Oberland DABEI: Was würden Sie sagen: Welchen Anteil für einen perfekten Body macht die Ernährung, welchen der Sport aus?
Joachim Pötschger: 60 bis 70 Prozent Ernährung, 20 bis 30 Prozent Bewegung, 5 bis 10 Prozent Erholung – je nach Aufstellung und persönlicher Ansprüche. Man muss aktive und passive Erholung für sich passend ausführen, ebenso gibt es beim Thema Ernährung relativ viel persönlichen Spielraum. Ein guter Personal Trainer vereint all diese Säulen zu einem leicht verstehenden Ablauf für den Kunden und hilft ihm dabei.
Oberland DABEI: Zahlreiche Profi-Fußballmannschaften wählen Tirol als Destination für ihre Trainingslager aus. Worin liegen die Vorteile? unserer Breitengrade und für welche Sportarten ist unsere Region prädestiniert?
Joachim Pötschger: Tirol bietet eine Vielzahl an Aktivitäten, auch werden diese von Teams oder einzelnen Athleten in ihren Vorbereitungen aufgenommen. Nur, ich denke, dass sich die Destination Tirol noch immer zum Teil falsch vermarktet. Es ist richtig, dem Tourismus unser Land schmackhaft zu machen und es so zu präsentieren. Nur kann Tirol viel mehr im Bereich Sport ausrichten, vor allem im Bereich der Trainingscamps diverser Sportarten. Höhenlage, unterschiedlichstes Terrain, beständiges Wetter ohne extreme Unwettergefahren, Luft – und Wasserqualität und die jahrelang perfekt eingespielte Gastronomie und Hotellerie – wer kann das alles in einem Land als Vorteil nennen? Ich sehe Tirol in naher Zukunft als Rückzugsort von Athleten, die monatelang auf Tour sind, nach Erstrehabilitation wieder in ihre 100%iges Training einsteigen möchten, oder eben als wochenlange Bleibe für ganze Teams, die sich auf ein Großevent vorbereiten. Nur muss unsere Politik mitspielen, mehr mit Zuspruch und Unterstützung aufzeigen, als wie mit Gesetzen, Verboten und nur für sie passenden Spielregeln.
Oberland DABEI: Gibt’s beruflich gesehen ein großes Ziel, das Sie noch erreichen möchten?
Joachim Pötschger: Mein Beruf ist eine Reise ohne Grenzen, jeden Tag könnte sich etwas Neues entwickeln und tut es auch. Ich bin nach wie vor abenteuerlustig, nur bin ich inzwischen verheiratet und trage mehr Verantwortung. Meine Rückkehr nach Tirol war vor ca. fünf Jahren noch unvorstellbar für mich, fühle mich hier noch immer nicht ganz zu Hause, da möchte ich ganz ehrlich sein. Aber ich habe auch jetzt wieder gelernt, dass mein Beruf mein Leben bestimmt und es auch hier gewisse Vorzüge dafür gibt. Ich habe in den letzten fünf Jahren diverse Athleten zu Weltmeistertiteln, Europameistertiteln sowie zur Olympiateilnahme verholfen und sie dabei begleitet – eine ganz andere Welt fernab von Stars und Sternchen. Es reizt mich sehr, dies noch weiter zu verfolgen, vielleicht sogar wieder im Ausland. Mit meiner Frau ist dies auch so besprochen und wird akzeptiert. Aber auch der österreichische Sportlernachwuchs liegt mir am Herzen, ebenso ein besserer Zugang zu Schulen. Damit meine ich, den jungen Menschen zu zeigen, dass Bewegung Spaß macht und es ein Kann anstatt Muss ist. Denn jeder von uns ist für Bewegung geboren, man muss es nur für sich erkennen und fördern. Was auch immer es ist.