Im Zeichen der Vergangenheitsbewältigung stand der Beschluss des Telfer Gemeinderats, zwei Straßennamen zu ändern. 19 der 21 Mandatare stimmten für die Umbenennung der Franz-Stockmayer-Straße in Walter-Pichler-Straße und des Norbert-Wallner-Weges in Ruth-Drexel-Weg. GV Michael Ebenbichler (FPÖ) votierte für die Namensänderung bei der Stockmayerstraße, beim Wallner-Weg aber dagegen. FPÖ-Ersatzgemeinderat Wolfgang Mader war als einziger Mandatar gegen beide Umbenennungen.
Franz Stockmayer war während der NS-Zeit NSDAP-Ortsgruppenleiter und Bürgermeister in Telfs, der Volksliedsammler Nobert Wallner verfasste antisemitische und kriegsverherrlichende Lieder. Beide waren überzeugte Nationalsozialisten.
Bürgermeister Christian Härting erklärte dem Gemeinderat die Umbenennung als konsequente Fortsetzung des Weges, den man in der Gemeinde mit der Anbringung von Informations- und Mahntafeln am Telfer Rathaus und im Trausaal – beides sind Repräsentationsbauten des NS-Regimes – im Vorjahr beschritten hat. „Seit Jahren bekommen wir zu diesen Straßennamen kritische Anfragen. Das Gedenkjahr an das Kriegsende vor 75 Jahren war jetzt ein guter Anlass, das Thema anzupacken“, unterstrich der Gemeindechef. Er wisse, dass einige BewohnerInnen der Straßen über die Adressenänderung nicht glücklich seien, weil diese Unannehmlichkeiten mit sich bringe. Er versicherte aber, dass den 143 betroffenen Haushalten von Gemeindeseite keine behördlichen Kosten entstehen werden. Den Aufwand für die Gemeinde durch die Aktion bezifferte der Bürgermeister mit ca. 5.000 Euro.
Gemessen an den intensiven Diskussionen, die es nach Medienberichten im Vorfeld gegeben hatte, verlief die Debatte im Gemeinderat relativ ruhig. FPÖ-Gemeindevorstand Michael Ebenbichler räumte ein, dass wir „eine schlimme Vergangenheit haben, die man auch nicht vergessen darf“, hatte aber vor allem beim Norbert-Wallner-Weg Bedenken. Und er stieß sich an der Vorgangsweise der Gemeinde: Die Bewohner hätten zu wenig Zeit gehabt, um sich zum Thema zu informieren und hätten überhaupt in die Umbenennungsdebatte einbezogen werden sollen.
Zwei weitere Wortmeldungen setzten sich massiv für die Namensänderung ein. Vize-Bgm. LA Cornelia Hagele (WFT), meinte, dass es endlich an der Zeit sei, ein Zeichen dieser Art zu setzen. Vize-Bgm. Christoph Walch (Grüne) unterstrich: „Straßenbezeichnungen sind Ehrenbezeichnungen!“ Es wäre das absolut falsche Symbol, wenn nachfolgenden Generationen vermittelt würde, dass diese Repräsentanten des NS-Regimes in Telfs einen Straßennamen verdienen, meinte Walch. Außerdem merkte der Vizebürgermeister erfreut an, dass mit dem Ruth-Drexel-Weg die Frauenquote bei Telfer Straßen um 100% gestiegen sei.
Die neuen Namensgeber sind Walter Pichler (1936-2012), der in Telfs aufgewachsene Maler und Objektkünstler von Weltruf, und die eng mit den Tiroler Volksschauspielen verbundene Regisseurin und Schauspielerin Ruth Drexel (1930-2009). Ihre Wahl für diese Auszeichnung sei zeitgemäß und ein längst fälliges Zeichen der Wertschätzung für die beiden Künstler, unterstrich Bgm. Härting.
Bei der Abstimmung votierten 19 GemeinderätInnen für die Namensänderungen. GV Michael Ebenbichler stimmte der Umbenennung der Stockmayer-Straße zu, aber beim Wallner-Weg dagegen. FPÖ-Ersatzgemeinderat Wolfgang Mader war als einziger Mandatar in beiden Fällen gegen die Namensänderung.
Die Umbenennung und die Änderungen im Melderegister werden Gemeindemitarbeiter in den nächsten Wochen vornehmen, die Bewohner brauchen von sich aus nicht aktiv zu werden. Ihnen erwachsen behördlich keine Kosten aus diesen Vorgängen. Der entsprechende Bescheid wird zugestellt. Die Gemeinde informiert auch Institutionen wie die Post, die Polizeiinspektion, die TIWAG, die Gemeindewerke Telfs und das Bezirksgericht Telfs von der Änderung. Im Zuge der Umbenennung werden auch eventuell bestehende Unregelmäßigkeiten bei der Hausnummerierung reguliert.
Bild: Ruth Drexel, zu ihren Lebzeiten Regisseurin und begnadete Schauspielerin, ist eine der neuen Namensgeberin für eine Telfer Straße.
Foto: MG Telfs/Dietrich