Von Lisi Zangerl & Peter Leitner
Die Bühne und die Fans fehlen. Neue Aufträge sind ebenfalls Mangelware. Die Zukunft: Ungewiss. Die Corona-Pandemie hat mit einem Schlag den Alltag der heimischen Musikszene auf den Kopf gestellt. Oberland DABEI erkundigt sich bei Tiroler MusikerInnen, wie sich die Pandemie auf ihr Schaffen auswirkt. Nicht wenige von ihnen können die Zwangsauszeit überaus kreativ nutzen.
GILBERT
Gilbert lässt die Herzen der Schlagerfans höher schlagen. Auf Liveauftritte des Ötztaler Sängers müssen seine Fans inzwischen aber schon lange warten. Den Kopf in den Sand steckt der stets gut gelaunte Sänger aber nicht. »Natürlich sind die Zeiten schwierig. Aber sie geben uns auch die Möglichkeit, auf uns selbst zu schauen. Deshalb sehe ich die Zukunft positiv und gehe mit großem Optimismus an anstehende Aufgaben heran«, sagt Gilbert.
Positiv denken ist und bleibt für ihn also das Wichtigste. In der coronabedingten Zwangspause hat er laut eigenem Bekunden versucht, sich fit zu halten. Hat sehr viel Sport betrieben. »Damit unterstützt man das Immunsystem« sagt der Schlagerstar und fügt an: »Ich schätze mich auch glücklich, dass ich selbst nicht erkrankt bin. Denn Gesundheit ist und bleibt das höchste Gut.«
Auch künstlerisch ließ Gilbert die Zeit nicht nutzlos verstreichen: »Ich habe die vergangenen Monate intensiv genutzt, um viele neue Songs zu schreiben, könnte sofort ein neues Album herausbringen. Das macht freilich wenig Sinn, so lange keine Konzerte möglich sind. Ich hoffe aber auf eine baldige neue Normalität und bin überzeugt, dass uns dabei das Impfen helfen wird.«
MARC HESS
Nach 2020 musste die Musical-Aufführung von »Jesus Christ Superstar« in Telfs inzwischen auch für heuer abgesagt werden. Und auch eine geplante Gospel-Tournee des Chors von Marc Hess ist gestrichen – ebenfalls schon zum zweitenmal. »Eine vorbereitete Unplugged-Tour ist auch ins Wasser gefallen. Wann es mit Konzerten wirklich weiter geht, kann leider keiner genau sagen. Es gibt keine Perspektiven, und wir Künstler hängen sozusagen komplett in der Luft«, macht der Telfer Künstler deutlich. Vor Herbst rechnet er laut eigenem Bekunden nicht mit einer Rückkehr auf Konzertbühnen.
Die vergangenen Monate hat er unterdessen kreativ genutzt, unter anderem ein Album für sein eigenes Label »MaHe Records« mit Musikern eingespielt. Die Auskoppelung »The Book of Life« (https://www.youtube.com/watch?v=xr-lt6Hnu3s) sorgt bei Fans bereits für Furore.
Viel Zeit investierte er zudem in Recherchearbeiten, um mit Vertriebsfirmen in London und den USA in Kontakt zu kommen. Und einen Aspekt bewertet Hess als besonders positiv: »Die Zusammenarbeit mit älteren Medien und deren Vertretern, sprich zum Beispiel Radio und die dortigen Redakteure, bekommt wieder einen anderen und vor allem höheren Stellenwert, was ich persönlich sehr cool finde.«
MANU DELAGO
Den ersten Lockdown im vergangenen Jahr hat Manu Delago in London verbracht. »Ich war von März bis Juni 2020 online relativ aktiv, habe Streamingkonzerte gegeben und Videos gemacht, in denen ich diverse Wohnungsutensilien bespiele. Sprich: Ich habe versucht, mit dem Eingesperrtsein sehr kreativ umzugehen«, berichtet der international tätige Künstler mit Landecker Wurzeln. Im Sommer 2020 herrschte für ihn dann relative Normalität: »Mit meinem Ensemble habe ich einige Konzerte in Frankreich, Belgien, Deutschland, Ungarn und Österreich gegeben. Das haben wir wirklich genossen. Ab November ist es dann leider wieder komplett ruhig geworden.«
In den folgenden Lockdowns, während derer Delago in Tirol weilte, fand er nicht mehr die Energie, um nach außen hin kreativ zu sein. Nutzlos ließ er allerdings die Zeit bis zum heutigen Tag nicht verstreichen: »Die vergangenen vier Monate habe ich mich darauf konzentriert, in Richtung Zukunft zu arbeiten, habe unter anderem mein neues Album produziert, das heuer im Herbst auf den Markt kommen soll. Außerdem ist die Vorbereitung für unsere Recyclingtour 2021 gelaufen, während der wir ab Mai 35 Tage lang auf Fahrrädern unterwegs sein werden. Wir hoffen, dass die Durchführung dann möglich ist, nachdem wir die Tour bereits vom vergangenen Jahr auf heuer verlegen haben müssen.« (Infos zur Tour: recyclingtour2021.com)
DIE PFUNDSKERLE
Wo die Pfunds-Kerle sind, kommt Stimmung auf. Ihr alljährliches Pfunds-Kerle-Fest ist längst ein Pflichttermin. Wer die Pfunds-Kerle für die eigene Hochzeit buchen möchte, muss allerdings früh genug dran sein. Der Terminkalender der Band ist in »normalen Jahren« prall gefüllt. Das vergangene Jahr schaute für die sympathischen Pfundser aber komplett anders aus: »Die Auftritte sind weggebrochen, die finanzielle Lage war schlecht«, erzählt Paul Köhle auf Anfrage von Oberland Dabei. Dank des zweiten Standbeins, der Landwirtschaft, können sich die Musiker über Wasser halten und auch auf andere Gedanken bringen. Die Pfunds-Kerle sind anders als viele andere Stimmungsbands, hauptberuflich als Musiker tätig und das seit stolzen 26 Jahren. Den letzten Auftritt gaben die Pfunds-Kerle (bestehend aus Paul Köhle, Bruder Martin Köhle und Josef Wachter) im Vorjahr im Rahmen eines Oktoberfests in Hochötz. Grundsätzlich bilden große Feste und Hochzeiten das Hauptgeschäftsfeld des Musiker-Trios: »Diese Tatsache hat das vergangene Jahr für uns natürlich schwierig gemacht«, verrät Paul Köhle. Die Instrumente in die Ecke gestellt haben die drei aber natürlich nicht, im Gegenteil: »Wir halten uns fit und haben die Zeit natürlich zum Üben genutzt.« Auch ein größeres Projekt steckt bereits in den Startlöchern. Paul Köhle verrät: »Eigentlich hätten wir im Vorjahr geplant, eine CD herauszubringen, allerdings ist so ein Projekt mit einem großen finanziellen Aufwand verbunden, daher haben wir es aufgrund der momentan ungewissen Zeit auf Eis gelegt.« Dennoch zeigen sich die Bandmitglieder optimistisch: »Ab Sommer schaut es nicht so schlecht aus nach derzeitiger Einschätzung«, lässt Paul Köhle wissen und blickt schon in Richtung »Pfunds-Kerle-Comeback.«
DANIEL KURZ
An seinem 26. Geburtstag im Juni 2018 durfte sich der gebürtige Ischgler Musiker Daniel Kurz über ein besonderes Geschenk freuen: Er wurde im Rahmen eines wichtigen Probenspiels zum Akademist der Berliner Philharmoniker erkoren. Mittlerweile – knapp drei Jahre später – erzählt Daniel Kurz auf Anfrage von Oberland Dabei: »Es geht mir soweit gut, es wird besser. Das vergangene Jahr war ein schwieriges.« Die Zeit als Akademist bei den Berliner Philharmonikern endete vor gut einem Jahr: »Seither gab es ein paar sporadische Konzertmöglichkeiten«, erzählt Daniel Kurz. Die Zeit bei den Berliner Philharmonikern war durchaus so etwas wie ein Sprungbrett für den klassischen Musiker, der nach wie vor in der deutschen Hauptstadt lebt und einblicken lässt: »Als Aushilfe hatte ich Auftritte bei zwei Berliner Rundfunkorchestern, im Konzerthaus in Berlin oder bei den Symphonikern in Nürnberg.« Die Erfahrung der vergangenen Jahre spielten dem mittlerweile 29jährigen in die Karten. Der Zwangspause im Corona-Jahr kann Daniel Kurz auch etwas Positives abgewinnen: »Die Zeit vor Corona bei den Berliner Philharmonikern war wahnsinnig intensiv, in den vergangenen Monaten blieb Zeit zum Üben. Ich denke, es ist gelungen, die Zeit gut zu nützen.« Daniel Kurz absolviert derzeit das Instrumentalstudium »Klarinette« in Berlin. Im Juni 2021 feiert er übrigens seinen 30. Geburtstag.
PHIL OLAVIDE
»Ich habe den Vorteil, dass ich nicht ausschließlich von der Musik leben muss«, sagt Phil Olavide, der zum einen die Künstleragentur Musikreport.com betreibt, die auch Bühnentechnik zur Verfügung stellt, und zum anderen im Winter als Marketingleiter der Skischule Serfaus fungiert. »Wobei da in den vergangenen Monaten natürlich auch alles ins Wasser gefallen ist«, erklärt das Multitalent.
Er suchte sich während der Lockdown-Phasen kurzerhand eine neue Beschäftigung und betreibt nun einen Handel mit steirischen Harmonikas und Naturmusikinstrumenten. Olavide: »Dazu bieten wir auch diverse Schulungs- und Unterrichtsmodelle sowie Urlaubsseminare an.«
Was seine künstlerischen Aktivitäten angeht, war er in den vergangenen Monaten fleißig am Komponieren, seine Titel, die er alle selbst produziert, werden auch immer wieder im Radio gespielt. Und Auftritte? »Die sind wohl mittelfristig nicht in Aussicht. Ich glaube kaum, dass es große Events geben wird. Ich hoffe, dass sich die Lage bis Mitte des Jahres durch die Impfungen bessert.«
LANIA
Oberland Dabei: Wie kann man die Band Lania kurz und knapp beschreiben?
Lania (Stefanie Veit): Für uns zählt jede Momentaufnahme. Unsere Kompositionen schweben luftig über einer lyrisch dichten Noten- und Wortlandschaft von Eigenkompositionen, die ein akustisches Klangbild vom kaum hörbaren, zerbrechlichen Ton bis hin zur energiegeladenen Klangwolke abdecken. Mit dieser Mischung erreichen wir sowohl Jazzliebhaber als auch den Popmusikhörer.
Oberland Dabei: Wie geht’s euch derzeit?
Lania (Stefanie Veit): Uns geht es allen gut soweit, aber aufgrund der derzeitigen Lage haben auch wir mit Zukunftsängsten zu kämpfen. Umso mehr freut es uns, dass in Kürze unsere Single »Imperfectly Perfect« erscheint, die wie der Name schon sagt, daran erinnern soll, dass nicht immer alles perfekt sein muss, um perfekt zu sein.
Oberland Dabei: Das vergangene Corona-Jahr war für Musiker im Allgemeinen kein einfaches – inwieweit konntet ihr dieses Jahr auch nutzen?
Lania (Stefanie Veit): Wir haben jeder für sich und auch gemeinsam neue Songs geschrieben. Für mich persönlich war das aber erst nach einer gewissen Zeit wieder möglich. In der ersten Coronazeit war ich wie blockiert und konnte nicht kreativ arbeiten.
Oberland Dabei: Sind neue Songs entstanden in dieser Zeit? Wenn ja – welche?
Lania (Stefanie Veit): Ein Song ist zB gemeinsam mit Florian Baumgartner, unserem Schlagzeuger, entstanden. „The Jungle“ ist inspiriert von der Coronazeit und stilistisch wesentlich mit mehr Popcharakter als gewohnt. Von unserem Song „My inner voice“ haben Bernd Haas und ich eine intime Live-Duo-Version aufgenommen.
Oberland Dabei: Was glaubst du persönlich: Wann sind Konzerte, wie wir alle sie kennen, wieder möglich?
Lania (Stefanie Veit): Ich glaube, dass es leider noch dauern wird, bis Konzerte wie gewohnt stattfinden werden. Ich hoffe, dass wir uns diese Zeit der Bühnenabstinenz immer ein klein wenig in Erinnerung behalten werden und somit jeden gespielten Ton auf jeder Bühne noch mehr genießen werden und zu schätzen wissen. Und dasselbe gilt für das so wichtige Live-Publikum. Ich hoffe, dass die Menschen wieder richtig hungrig nach Live-Musik sein werden.
HUBERT TRENKWALDER
Im März vergangenen Jahres war es, dass Hubsi Trenkwalder mit seiner Band das letzte größere Konzert gespielt hat. »Als der erste Lockdown gekommen ist, haben wir in weiterer Folge versucht, kleinere Events mit 100 bis 300 Leuten zu machen. Aber auch das hat nur kurz bis gar nicht funktioniert. Und 50 Prozent unserer Veranstaltungen für 2021 sind auch schon wieder abgesagt. Die einzige Hoffnung ist, dass im September oder Oktober noch etwas möglich ist. Aber wir müssen realistischerweise auch sagen, dass ein Veranstalter nicht bis Juni warten kann, um einen Event auf die Beine zu stellen«, sagt Trenkwalder.
Weiters führt er aus: »Ich nehme Corona absolut ernst, und ich möchte wirklich nicht in der Haut der Entscheidungsträger stecken. Aber was mich in den vergangenen Wochen echt getroffen hat, ist, dass Künstler keine Perspektiven bekommen. Als kreativer Mensch fühle ich mich ganz einfach wahnsinnig schlecht vertreten. Es wurde deutlich, dass unsere Branche keine Lobby hat.« Nichtsdestotrotz hofft Hubsi, dass er im September zumindest mit Markus Linder eine Kabarett-Tour absolvieren kann.
VON SEITEN DER GEMEINDE
Oberland Dabei: Wie und warum ist es zu eurem außergewöhnlichen Bandnamen gekommen?
Von Seiten der Gemeinde: Wir haben irgendwann begonnen, Ausschnitte und Samples aus lokalen Fernsehsendern zu sammeln. Der Name entstand dadurch, dass bei unserer Recherche einfach überaus oft diese Redewendung, speziell von Bürgermeistern, vorgekommen ist. Es geht um Erzählungen »Von Seiten der Gemeinde«. Natürlich haben wir den Satz auch oft als Sample in Tracks verwendet.
Oberland Dabei: In einigen Songs kommen Kommunalpolitiker vor – kam es hierbei schon zu Beschwerden?
Von Seiten der Gemeinde: Wie gesagt, unsere Tracks beschäftigen sich viel mit den Themen die im lokalen Fernsehen bearbeitet werden und natürlich spielt da Politik auch immer eine sehr große Rolle. Beschwerden haben wir bisher keine bekommen. Wir haben uns vereinzelt danach auch mit Personen getroffen und darüber gesprochen, da war das Feedback meist ein gutes bzw. haben die betroffenen Personen das durchaus auch positiv aufgefasst, was uns natürlich sehr gefreut hat. Uns ist es schon auch wichtig zu betonen, dass wir uns über niemanden lustig machen wollen, sondern lediglich Situationen und Themen auffassen und beschreiben.
Oberland Dabei:Welchem Genre würdet ihr euch zuordnen?
Von Seiten der Gemeinde: Unsere Wurzeln sind ganz klar im Hip Hop verankert. Speziell der Untergrund Hip Hop der späten 90er Jahre hat uns stark beeinflusst. Daher kommt auch unser Umgang mit Sprachsamples. Im Hip Hop ist es immer schon darum gegangen, Teile aus einem Kontext zu nehmen, dann in einen anderen zu stellen und dadurch etwas ganz Neues zu schaffen. Wir verwenden halt nicht nur musikalische oder Hip Hop-Samples, sondern speziell Sprachsamples aus unserer Gegend um dem Ganzen eine Eigenständigkeit zu verschaffen. Unser Ziel ist es eigentlich, die urbane Welt des Hip Hop mit der ländlichen Gegend aus der wir kommen zu verbinden.
Oberland Dabei: Wie war das vergangene Jahr für euch? War´s schwierig oder konntet ihr es auch für Kreatives (neue Songs, etc.) nutzen?
Von Seiten der Gemeinde: Das vergangene Jahr war für uns, wie für alle anderen, natürlich sehr schwierig und speziell das Fehlen von Konzerten und Veranstaltungen schmerzt, weil wir das am liebsten machen. Wir haben aber versucht die Zeit produktiv zu nutzen und haben viel an Musik gearbeitet. Das Highlight diesbezüglich war die im Sommer 2020 entstandene »Pfau EP« mit den Kollegen der Landecker Dialekt-Rap Band »Da Kessl«. Ansonsten arbeiten wir an einem neuen Album und freuen uns hoffentlich irgendwann wieder live spielen zu können.
Oberland Dabei: Wie gehts Ihnen momentan?
LISA JUEN
Lisa Juen: Grundsätzlich geht es mir gut, weil ich einen Brotberuf habe und nicht von meiner Musik leben muss. Das ermöglicht mir auch, die Entwicklungen der Zeit zu reflektieren und in meine Musik einfließen zu lassen.
Oberland Dabei: Ihr erster Titel »Bereit sein« war so etwas wie ein Plädoyer für mehr kritisches Denken – bleiben Sie diesem Grundsatz auch bei Ihren aktuellen Projekten treu?
Lisa Juen: Ja – es geht mir nicht darum, mich zu einzelnen Fragen der aktuellen Politik zu Wort zu melden. Kritisches Hinterfragen ist für mich ein völlig normaler Vorgang. Es ist ja nicht zuletzt auch eine Aufgabe künstlerischer Arbeit, das Zeitgeschehen zu durchleuchten.
Oberland Dabei: Können Sie das vergangene Jahr für uns resümieren? Wie schwierig war es für Sie als Musikerin bzw. die gesamte heimische Musikbranche?
Lisa Juen: Mein Debüt-Album konnte natürlich nicht im geplanten Umfang präsentiert werden. Die Tour für 2020 mussten wir leider auf Grund von Corona absagen, auch 2021 wird es wohl sehr schwer werden, eine Tournee neu anzudenken. Der Release meines Videos »Drei Herzen« musste leider auch verschoben werden …
Oberland Dabei: Inwieweit prägt diese Corona-Pandemie ihr künstlerisches Schaffen bzw. findet sich diese – in irgendeiner Form – in Ihren Songs?
Lisa Juen: Ich habe die Zeit – wie viele meiner Kollegen – genutzt und natürlich auch neue Stücke geschrieben. »Jedes Leben zählt« ist zum Beispiel ein Ergebnis dieser Arbeit.