Der vierte Donnerstag im April steht in Tirol alljährlich ganz im Zeichen des Girls‘ Day. Rund 770 Schülerinnen zwischen 13 und 16 Jahren aus 44 Schulen nutzen den Aktionstag zur Berufsorientierung. Sie besuchen tirolweit 79 Unternehmen und Bildungseinrichtungen aus den Bereichen Handwerk, Technik und Naturwissenschaften. Dort können sie nicht nur zuschauen, sondern auch selbst unterschiedliche Tätigkeiten ausprobieren und mit Fachleuten ins Gespräch kommen. Der Girls‘ Day Tirol findet heuer bereits zum 24. Mal statt. Er ist eine Veranstaltung der Tiroler Arbeitsmarktförderungsgesellschaft mbh in Zusammenarbeit mit der Bildungsdirektion Tirol. Das Land Tirol fördert den Girls‘ Day Tirol in diesem Jahr mit rund 100.000 Euro.
Frauenlandesrätin Eva Pawlata besuchte die Teilnehmerinnen in der Tiroler Fachberufsschule für Holztechnik in Absam und beim Automobilhandelsunternehmen Pappas Tirol GmbH in Hall. „Der Girls‘ Day bietet Mädchen und jungen Frauen die Gelegenheit, die Vielfalt beruflicher Perspektiven aus erster Hand kennenzulernen. Ziel ist es vor allem, Berührungspunkte mit Berufsfeldern zu schaffen, mit denen sie oft wenig in Kontakt kommen und in denen der Frauenanteil noch immer niedrig ist. Dabei ist das Spektrum technischer, naturwissenschaftlicher oder handwerklicher Lehrberufe und Studiengänge enorm und bietet spannende Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung – und in vielen Fällen auch gute Einkommens- und Karrierechancen. Der Girls‘ Day soll dazu ermutigen, auch jenseits traditioneller Rollenbilder den eigenen Weg zu gehen“, betont LRin Pawlata.
Arbeitslandesrätin Astrid Mair ergänzt: „Der Girls‘ Day leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung in Tirol. Denn gerade im MINT-Bereich und in handwerklichen Berufsfeldern brauchen unsere Unternehmen qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir müssen die Fähigkeiten von Mädchen und Frauen in diesen Bereichen nutzen – dasselbe gilt umgekehrt auch für Burschen und Männer in Pflege, Erziehung und Sozialwesen. Dafür ist es wichtig, bei jungen Menschen schon früh Interesse zu wecken und Hürden abzubauen.“
Einblick in die Werkstätten
In Absam standen die Berufsbilder Tischlerin und Zimmerin im Fokus. Nach einer Führung durch die Fachberufsschule für Holztechnik konnten die Teilnehmerinnen in verschiedene Unterrichtseinheiten hineinschnuppern. In den Werkstätten waren handwerkliche Übungen gefragt, während in den Zeichensälen Zeichnungen koloriert wurden.
Einen Eindruck davon, wie es ist, als Kraftfahrzeugtechnikerin, Personenkraftwagentechnikerin oder Karosseriebautechnikerin zu arbeiten, erhielten die Mädchen bei Pappas. Dort besichtigten sie die Werkstätten und probierten einzelne Arbeitsschritte aus, wie etwa das Lackieren in der Lackierbox. Bei einer Boxenstopp-Challenge konnten sie ihre praktischen Fähigkeiten unter Beweis stellen.
Workshops für Schülerinnen und Eltern
Das Projekt Girls‘ Day umfasst neben dem Aktionstag auch ein ganzjähriges Rahmenprogramm. Dieses beinhaltetet Workshops zur Berufsorientierung an Schulen für Schülerinnen und Lehrpersonen sowie Informationen für Eltern und Erziehungsberechtigte. Im Vorfeld des Girls‘ Day 2025 wurden insgesamt 60 Schülerinnen-Workshops durchgeführt. An dem Workshop für Lehrpersonen nehmen 14 LehrerInnen teil, an den drei Info-Abenden für Eltern und Erziehungsberechtigte 765 Personen.
Der Girls‘ Day richtet sich an drei verschiedene Altersgruppen: Am Girls‘ Day senior können Schülerinnen der siebten Klasse (elfte Schulstufe) der Allgemeinbildenden Höheren Schule (AHS) teilnehmen, für dritte Klassen (siebte Schulstufe) der Mittelschule und der AHS sowie der Allgemeinen Sonderschule gibt es den Girls‘ Day junior. Der Aktionstag für beide Projekte findet jeweils am vierten Donnerstag im April statt. Mit dem Girls‘ Day mini, der im Jahr 2018 eingeführt wurde, werden auch die Mädchen der dritten Klasse Volksschule angesprochen. Der Aktionstag für den Girls‘ Day Mini findet am vierten Donnerstag im Juni statt – heuer am 26. Juni 2025. Alle Infos zum Girls‘ Day finden sich unter www.girlsday-tirol.at.
Die beliebtesten Lehrberufe Tirols: Einzelhandelskauffrau und Metalltechniker
Wie der Gleichstellungsbericht Tirol 2024 zeigt, unterscheiden sich die Bildungs- und Berufswege von Mädchen und Buben nach wie vor deutlich. In pädagogischen und sozialberuflichen Schulen sind über 90 Prozent der SchülerInnen Mädchen, in wirtschaftlichen Schulen über 80 Prozent. Technische und gewerbliche Fächer sowie Sportakademien hingegen sind männlich dominiert. In der Lehre entscheiden sich 38 Prozent der Mädchen für Einzelhandelskauffrau, Bürokauffrau oder Friseurin. Bei den Buben sind es die Lehrberufe Metall-, Elektro- oder Kfz-Techniker, die 27 Prozent ausmachen. Im Vergleich zum Jahr 2014 hat dieser Anteil jedoch sowohl bei den Mädchen als auch bei den Buben um fünf bzw. sieben Prozent abgenommen. „Dass diese geschlechtsspezifische Segregation abgenommen hat, ist eine positive Entwicklung und zeigt, dass wir dem Ziel der Gleichstellung näherkommen. Dennoch müssen wir weiterhin daran arbeiten, bestehende Ungleichheiten abzubauen – und dazu gehört eine geschlechtersensible Berufsorientierung von klein auf“, so LRin Pawlata abschließend.
Bild: Land Tirol/Reiter