Unter dem Titel „In der Krise liegt die Kraft – überdenken, umdenken, neudenken“ lud die Tiroler Adler Runde zum 4. Tiroler Adler Forum ganz im Zeichen der Corona-Krise. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen zeigten sich die Experten optimistisch für die Zukunft. Auch wenn viele Teilsysteme derzeit implodieren würden – es gäbe auch eine Explosion von Chancen, zeigte sich etwa Matthias Strolz (ehemaliger NEOS-Gründer und heute Unternehmer) überzeugt.
Bereits in der Planung der Veranstaltung war Umdenken gefordert: Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen konnten nur wenige Teilnehmer in die Tonhalle der BTV in Innsbruck geladen werden. Virtuell war das Forum dafür erstmals für eine breite Öffentlichkeit zugänglich – via Livestream konnten die Vorträge mitverfolgt werden.
In seiner Eröffnung forderte Klaus Mark, Präsident der Tiroler Adler Runde, die Unternehmer des Landes auf, gerade jetzt Mut und Weitblick zu beweisen, um sich aktiv mit der Zukunft auseinanderzusetzen: „Die Unternehmer der Adler Runde sind in über 40 verschiedenen Branchen tätig und beschäftigen 46.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es ist nicht die Zeit der Schwarzmaler, unsere Aufgabe ist es, unsere Unternehmen und damit den gesamten Wirtschaftsstandort positiv und optimistisch voran zu bringen.“ Dabei gelte es – über die gegenwärtige Corona-Krise hinaus – die Balance zwischen Gesellschaft, Klima, Infrastruktur, Wirtschaft und Nachhaltigkeit zu finden. Österreichs Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck betonte in ihrer Begrüßung die Rolle der Politik, die stark gefordert sei, die richtigen Maßnahmen zu setzen, um möglichst gut durch diese herausfordernde Zeit zu kommen. „Dafür braucht es einen starken Schulterschluss zwischen Politik und Wirtschaftsvertretern!“
In ihren Impulsvorträgen skizzierten anschließend Experten wie Christoph Boschan (CEO der Wiener Börse), die Psychotherapeutin, Erziehungswissenschafterin und Autorin Martina Leibovici-Mühlberger und NEOS-Gründer und Unternehmer Matthias Strolz aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln Analysen zur gegenwärtigen Lage.
Gemeinschaft als Überlebensstrategie
Boschan sieht die Aktivierung privaten Kapitals als eine der wichtigen Herausforderungen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Hier gelte es aber vorab, Schwerpunkte in der Finanzbildung junger Menschen zu setzen: „Als Konsument sind viele bereit, für das neueste iPhone nachts Schlange zu stehen. Dass eine Investition in eine Firma, die den Nerv der Zeit trifft, der sinnvollere Schritt sein könnte, überlegen wenige.“
Leibovici-Mühlberger ließ das plakative Bild eines Seiltänzers, der die Balance verliert, entstehen. Dieser Balanceverlust unserer Gesellschaft hätte sich schon lange abgezeichnet – Covid-19 fungiere als rasanter Brandbeschleuniger. Die ideelle Krise, die sich hinter der medizinischen zeige, zu bewältigen, sei eine enorme Herausforderung. Es brauche neue integrative Wege, um zu einer gereiften, autonomen Gesellschaft zu kommen. „Der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen und zu radikaler Kreativität fähig. Gemeinschaft ist keine Sozialromantik, sondern eine alternativlose Überlebensstrategie, weil sie uns gerade jetzt nützt und Denkprozesse in relevante Lösungen überführt“, so Leibovici-Mühlberger.
Alles geht – wenn man will
Mit „Eine Krise ist eine mächtige Stopptaste“ startete Matthias Strolz seinen Vortrag. Alle Gewissheiten wurden abgeschafft – so sein Fazit. Dass dieser Stopp, diese Ungewissheit, jedoch der Ausgangspunkt für einen guten Start in die Zeit nach der Krise sein kann, ist für ihn gewiss, denn dass fast alles gehe – wenn man will – hat Corona gezeigt: „Oder hätten Sie geglaubt, dass weltweit Regierungen Millionen von Menschen zum Daheimbleiben verpflichten können?“ Auch bei immer wieder diskutierten Themen müsse man jetzt in die Umsetzung kommen – bei steuerlicher Entlastung von Arbeit, Finanztransaktionssteuer oder Investitionen in die Nachhaltigkeit. Dafür müsse man aber die Menschen ermächtigen, „sie müssen entscheidungsfähig bleiben und sollten nicht verängstigt ausharren, denn die Angst darf mitfahren, aber nicht als Pilotin“, so der charismatische Redner pointiert. In Folge der Corona-Krise werde es wirtschaftliche Folgedetonationen geben, davon solle man sich aber nicht entmutigen lassen: „Wir erleben eine Implosion von Teilsystemen – das bedeutet jedoch eine Explosion von Chancen.“
Auch in der anschließenden Diskussion ließen Experten die letzten sechs Monate aus sehr persönlicher Sicht Revue passieren. Sowohl bei den Statements von Unternehmerin Doris Felber (Bäckerei Felber) als auch dem aus Hongkong live zugeschalteten Investment-Banker Mario Altenburger (Bank of China) blitzte viel Optimismus durch. Gerade für Doris Felber bleibt jedoch das Thema Arbeitskräfte aktuell – trotz der durch die Corona-Krise stark gestiegenen Arbeitslosigkeit sind Stellen nicht besetzbar. Der einhellige Tenor der Runde deckte sich mit den Inputs der Referenten – wer sich der Herausforderung stellt und aktiv neue Chancen erkennt, kann auch in diesen Zeiten reüssieren.
Die Veranstaltung kann in voller Länge auf der Website www.tiroler-adler-runde.at nachgesehen werden.
Vor Ort mit Abstand, dafür erstmals im Livestream – so präsentierte sich das 4. Tiroler Adler Forum. Foto © Tiroler Adler Runde