Die Unwetterereignisse der vergangenen Wochen haben in Tirols Wälder mit 600.000 Festmeter Schadholz ihre Spuren hinterlassen: Die Sturmereignisse haben einen Schaden im Wert von 30 Millionen Euro auf 2.000 Hektar Wald verursacht. Davon besonders betroffen sind wichtige Schutzwälder. Sie machen in Tirol 70 Prozent der gesamten Waldfläche aus.
„Infolge des heutigen Forstgipfels wollen wir in unseren Wäldern Schaden beheben, begrenzen und abwenden. Der Borkenkäfer steht schon in den Startlöchern und wird ohne entschlossenes Handeln den Schaden um ein Vielfaches vergrößern. Die natürliche Schutzwirkung des Waldes vor Muren oder Lawinen ist in den besonders betroffenen Regionen gefährdet“, sagt LH Anton Mattle auf dessen Initiative heute, Donnerstag, der „Forstgipfel“ in Innsbruck stattfand.
Die Tiroler Landesregierung stellt für die Aufräum- und Sicherungsarbeiten insgesamt 15 Millionen Euro an Beihilfen bzw. Entschädigungsleistungen in Aussicht, ein Teil davon wird beim Bund zur Refundierung eingebracht. „Es wird noch weitere Bundesmittel benötigen, um den immensen Schaden aufzuarbeiten. Ich danke daher Minister Norbert Totschnig für die Zusage von zusätzlichen Mitteln abseits der Refundierung. Insgesamt können wir damit bis zu 25 Millionen Euro an Finanzmittel für die notwendigen Maßnahmen und den Waldschutz bereitstellen. Heuer werden wir uns intensiv mit den Aufräumarbeiten beschäftigen und schon im nächsten Jahr mit der Aufforstung von klimafitten Wäldern beginnen. Mein Appell an alle Beteiligten, Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer und die holzverarbeitenden Betriebe: Verlieren wir keine Zeit und geben wir dem Borkenkäfer keine Chance“, so der Landeshauptmann.
Mit Landwirtschaftsminister Totschnig, Tirols Forstreferent LHStv Josef Geisler und Sicherheitslandesrätin Astrid Mair nahmen Bundes- und LandesvertreterInnen ebenso teil wie VertreterInnen der Behörden, der Sozialpartner, des Tiroler Forstvereins und der betroffenen Regionen. Von den Sturmereignissen im Juli sind vor allem das Pitztal, das Ötztal, die Gemeinden Haiming, Silz, Oetz und Ochsengarten, das Wipp- und Stubaital sowie das Zillertal betroffen.
Erstfinanzierung durch Bund und Land im Sinne der Sicherheit.
„Der Fokus liegt jetzt darauf, rasch zu helfen und vor allem Folgeschäden zu vermeiden. Insbesondere zur Sicherung des Schutzwaldes und der Wiederbewaldung stellt mein Ministerium Know-How und Mittel zur Verfügung, insgesamt rund 4,5 Millionen Euro. Wir bleiben laufend in Kontakt mit dem Land Tirol – was die Sicherungsmaßnahmen durch die Wildbach- und Lawinenverbauung, aber auch die Notwendigkeiten der Wiederaufforstung betrifft – um einen möglichen weiteren Mittelbedarf abschätzen zu können“, sagt BM Totschnig.
Sicherheitslandesrätin Mair fasst zusammen: „Im Rahmen der Unterstützungsleistungen des Landes für die Wiederherstellung der Waldschäden sichere ich über die Elementarschadensabwicklung finanzielle Beihilfen zu: Wir stellen noch heuer über den KAT-Fonds des Landes unverzüglich 7,5 Millionen Euro an Soforthilfe zur Verfügung, sodass Betroffene nicht auf ihre Beihilfen für die Wiederherstellungskosten der Waldschäden warten müssen. Der gestrige Lokalaugenschein mit Bundesminister Totschnig hat gezeigt, dass der Borkenkäfer bereits erste Schäden anrichtet, weshalb Eile geboten und die umgehende Sicherstellung der Beihilfen notwendig ist.“
Priorisierung von anstehenden Maßnahmen.
Aufgrund der enormen Menge an Schadholz und dem damit verbundenen großen logistischen, personellen und finanziellen Aufwand wurde gemeinsam mit den ExpertInnen der Landesforstdirektion bereits eine Prioritätenreihung vorgenommen. Vorrangig behandelt werden in weiterer Folge Objektschutzwälder, die den Siedlungsraum schützen, sowie Wälder mit hoher Borkenkäfervorbelastung gefolgt von Standortschutzwäldern und dem klassischen Wirtschaftswald. Die Aufräumarbeiten sind bereits angelaufen, den Bezirksforstinspektionen wurde bereits zusätzliches Personal zur Seite gestellt. Wenn notwendig werden auch dezentrale Lagerplätze für das Schadholz geschaffen.
Vier Millionen Forstpflanzen für langfristigen natürlichen Schutzbau.
„Erst aufräumen, dann zügig einen klimafitten, bunten Wald aufforsten. Dazu brauchen wir in den nächsten beiden Jahren allein in Nordtirol rund vier Millionen Forstpflanzen“, sagte LHStv Geisler und ergänzt: „Auch technische Maßnahmen, sprich Verbauungen, werden notwendig sein.“ Wichtig sei auch, dass die jungen Bäume nicht vom Wild verbissen werden und aufkommen. „Hier brauchen wir die Unterstützung der Jägerschaft“, appelliert LHStv Geisler schon jetzt. Sicherheitslandesrätin Mair ergänzt: „Die Sicherheit für die Bevölkerung hat stets oberste Priorität. Über 90 Prozent der Landesfläche Tirols liegen in Einzugsgebieten von Wildbächen und Lawinen. Das zeigt auch, wie unverzichtbar der Wald für uns als Schutzschild ist und warum wir jetzt schnell handeln müssen.“
„Mikado“ aus Baumstämmen gemeinsam schnellstmöglich lösen.
In den betroffenen Bereichen kam es zu flächigen Brüchen und Würfen. Gleichzeitig gab es in fast allen Tiroler Gemeinden Einzelwürfe. „Die verstreuten Lagen und die teils extremen Geländeverhältnisse machen das Schadensereignis insgesamt sehr komplex und die Arbeiten kostenintensiv. Die Situation gleicht vielfach einem ‚Mikado‘, das es aufzulösen gilt. Dazu braucht es viel Know-how und professionelle Arbeitskräfte“, weist Forstreferent LHStv Geisler auf die Herausforderungen der Schadensbeseitigung hin. „Aber wenn wir jetzt nicht handelt, kommt uns das noch viel teurer“, so LHStv Geisler.
Borkenkäfer: vier Monate Zeit, um Schadholz aus Wald zu bringen.
Vor allem sei das schnelle Handeln auch im Hinblick der Borkenkäfer-Bekämpfung wesentlich. „In Osttirol sehen wir, was der Borkenkäfer anrichten kann. Dort ist die Schutzfunktion des Waldes nach mehreren Naturereignissen und trotz enormer Anstrengungen gebietsweise stark in Mitleidenschaft gezogen. Aber auch hier werden wir den Kampf gegen den Borkenkäfer mit allen Mitteln weiterführen“, betont LHStv Geisler. Im Wipptal, im hinteren Zillertal, im vorderen Ötztal und im oberen Lechtal war die Borkenkäfersituation bereits vor den Sturmereignissen angespannt. „Wir werden alle Kräfte mobilisieren, um das Schadholz rasch aus dem Wald zu bringen und damit eine Massenvermehrung des Borkenkäfers im nächsten Frühjahr zu verhindern. Die nächsten vier Monate sind entscheidend für die Zukunft des Waldes in Nordtirol“, betont Forstreferent LHStv Geisler. Bis September muss das Holz beseitigt werden. Denn überwintert der Borkenkäfer unter der Rinde oder im Boden, ist er im Frühjahr zur Vermehrung bereit.
Fakten kurz und knapp.
Grafik Tirolkarte – Waldschäden
Quelle: Land Tirol
- Mehr als 10.000 Festmeter Schadholz (Kategorie 4): 12 Gemeinden (Fügenberg, Haiming, Hainzenberg, Längenfeld, Hart im Zillertal, Neustift im Stubaital, Oetz, Ramsau im Zillertal, Rohrberg, Schlitters, Silz, Stumm, Stummerberg)
- Mehr als 2.000 Festmeter Schadholz, bis 10.000 Festmeter (Kategorie 3): 50 Gemeinden
- Zwischen 500 und 2.000 Festmeter Schadholz (Kategorie 2): 53 Gemeinden
- Unter 500 Festmeter Schadholz: 132 Gemeinden
- Restliche Gemeinden: nicht kategorisiert bzw. geringfügige Waldschäden / keine Meldung
Übersicht Finanzierung: Bis zu 25 Millionen Euro für Tirols Wald.
- 15 Millionen Euro KAT-Fonds (davon 7,5 Millionen Euro Soforthilfe, 60 Prozent werden vom Bund refundiert)
- Zusätzlich 4,5 Millionen Euro vonseiten des Bundes – zusätzliche Ko-Finanzierungsmittel vonseiten des Landes
- Zusätzlich drei Millionen Euro aus flächenwirtschaftlichen Programmen (zwei Millionen Euro seitens des Bundes, eine Million Euro durch das Land)
Übersicht Abwicklung der Entschädigungsleistungen.
- Ähnlich zu den Sturmereignissen im Bezirk Lienz aus den Jahren 2018, 2019 und 2020
- Vereinfachtes Abwicklungs- und Erfassungssystem
- Beihilfen werden auf den Festmeter Holz abgestellt – „aufgeräumte“ Festmeter Holz werden laufend während der Aufräumarbeiten von den WaldaufseherInnen erfasst.
- Vor und während der Aufräumarbeiten werden die liegenden Bäume mit Farbspray den jeweiligen EigentümerInnen zugewiesen.
- In Wäldern mit Teilwaldberechtigten (Grund gehört Gemeinde, Wald einer Person), kann die Gemeinde als Antragsteller aufstellen und die Schadensabwicklung im Sinne der Waldteilberechtigten vornehmen.
Titelbild: (Von links nach rechts) Forstreferent des Landes LHStv Josef Geisler, Sicherheitslandesrätin Astrid Mair, Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig und LH Anton Mattle diskutieren die Schäden im Tiroler Wald, dargestellt auf einer Karte.
Foto: Land Tirol/Die Fotografen