(lisi) Die Sommersaison ist gelaufen – aktuell rauchen in der Paznauner Gemeinde Ischgl die Köpfe in Anbetracht an die bevorstehende Wintersaison. Im Interview mit Oberland Dabei spricht Ischgls Tourismusobmann und zugleich der Tourismussprecher für den Bezirk Landeck, Alexander von der Thannen, über die fordernde Zeit des Lockdowns, die vergangene Sommer- und die bevorstehende Wintersaison.
Oberland Dabei: Wie verlief die Sommersaison? Beziehungsweise läuft sie noch?
Alexander von der Thannen: Mit der kürzlich ausgesprochenen Reisewarnung unseres Nachbarlandes Deutschland ist es so, dass die Sommersaison bei uns im Tal nun gelaufen ist – wir bereiten uns aktuell auf den Winter vor. Die Sommersaison verlief aber überraschend positiv, wenn man bedenkt, dass wir Ende Mai/Anfang Juni noch gar nicht gewusst haben, ob wir aufsperren können? Einige Häuser blieben geschlossen – jene allerdings, die geöffnet hatten, können eine positive Sommersaison resümieren.
Oberland Dabei: War so etwas wie eine „positive Energie“ nach der herausfordernden Zeit des Lockdowns in der Bevölkerung spürbar?
Alexander von der Thannen: Gerade für diese Häuser die offen hatte, war es schon sehr wichtig, dass man gesehen hat, dass wieder Leute ins Paznaun (nach Ischgl) kommen, um hier Urlaub zu machen.
Oberland Dabei: Wie haben Sie die „stille Zeit“ (Anmerkung der Redaktion: Zeit des Lockdowns) erlebt?
Alexander von der Thannen: Als TVB-Obmann hat´s keine stille Zeit gegeben, es war die härteste und arbeitsintensivste Zeit, die ich je hatte. Von Sitzungen, Besprechungen hin zu Beratungen und Medienbetreuung. Es gab keinen Tag ohne Besprechung – anfangs vorrangig digital, in weiterer Folge dann auch persönlich.
Oberland Dabei: Welches Feedback hat man von Ischgls Stammgästen bekommen?
Alexander von der Thannen: Bei Stammgästen war es durchwegs so, dass es nicht verstanden wurde, dass bei einer weltweiten Pandemie ein Ort verantwortlich gemacht wurde. In so einem Fall auf uns ´einzudreschen´ war – auch meiner Meinung nach – komplett überzogen und nicht angebracht.
Oberland Dabei: In Ischgl sind die legendärsten Aprés Ski-Bars beheimatet. Bei der Trofana Alm ist ein Umbau geplant – ist dies als Zeichen zu werten, dass es weiter geht? Oder gibt es im Allgemeinen ein neues Konzept im Bezug auf Aprés Ski?
Alexander von der Thannen: Der Umbau der Trofana Alm hat mit Corona nichts zu tun – der Plan wurde im November 2019 (vor Corona) gemacht. Abgesehen davon habe ich mir schon früher Gedanken gemacht, wie es mit dem Aprés Ski weiter geht, auch habe ich ein anderes Konzept im Kopf. In der kommenden Wintersaison wird es jedenfalls kein Aprés Ski, wie wir es von den Vorjahren kennen, geben.
Oberland Dabei: Was für ein „anderes Konzept“?
Alexander von der Thannen: Keine Antwort. Ich gebe keine Betriebsgeheimnisse preis.
Oberland Dabei: Wie beurteilen Sie im Nachhinein die Vorgehensweise der Landes- und Bundespolitik?
Alexander von der Thannen: Ich bin ja froh, dass im Nachhinein so viele Experten da waren, die gewusst haben, was man hätte tun sollen. Wir sehen es jetzt, dass wir nun – ein halbes Jahr später, noch immer nicht wissen, was zu tun ist. Wir haben im Endeffekt nichts falsch gemacht, wir haben immer das gemacht, das uns die Behörden vorgeschrieben haben. Das werden wir auch weiterhin so umsetzen.
Oberland Dabei: Es gibt verschiedene Covid-19 Regeln, an die man sich halten muss. Wie wird der Urlaub trotzdem „spaßig“ für die Gäste?
Alexander von der Thannen: Man hat das im Sommer gut gesehen, dass man, wenn man sich an gewisse Vorschriften hält, auch durchaus Spaß haben kann. Mit der Einhaltung dieser Regeln, die wir schon vor einem Monat bekannt gegeben haben, ist einem Urlaub im Winter nichts entgegen zu setzen. Im Winter wird sich viel auf den Pisten, also im Freien, abspielen. Einem Urlaub in Ischgl und im Paznaun steht nichts im Wege.
Oberland Dabei: Würden Sie für uns eine wirtschaftliche Prognose in Anbetracht an die bevorstehende Wintersaison 2020/21 wagen?
Alexander von der Thannen: Dieser Winter wird mit Sicherheit eine große Herausforderung, zumal die aktuellen Zahlen keine großen Luftsprünge zulassen. Ich möchte aber dazu sagen, dass es nicht am Tourismus liegt, dass wir diese verschärften Maßnahmen jetzt bekommen haben. Es gibt aktuell keine Tourismuscluster, die Cluster haben sich vorwiegend in Ballungszentren gebildet.
Oberland Dabei: Im absoluten „worst case“, wenn es zB. einen Rückgang von 70 % im Wintertourismus gäbe. Was passiert dann Ihrer Meinung nach in Tirol?
Alexander von der Thannen: Minus 70 %? Dann passiert in Tirol einiges. Aber, das kann ich mir nicht vorstellen, dass es so sein wird. Ich denke, dass es sich Minus 20-30 % einpendeln wird. Die Kurzfristigkeit des Sommers hat bewiesen, dass die Leute schon auch gern kurzfristig verreisen.
Oberland Dabei: Besonders die Tourismussparte erntet von Seiten der urbanen Bevölkerung immer wieder Kritik. Kann diese Krise auch eine Chance sein, dass der Tourismus mehr akzeptiert wird?
Alexander von der Thannen: Gerade während des Lockdowns hat man gesehen, was passiert, wenn der Tourismus in Tirol nicht funktioniert und dass es zB. auch dem Handel dann nicht gut geht. Die Folgen für Tirol (wenn es keinen Tourismus gäbe) wären sehr weitreichend – wie der Landeshauptmann erst kürzlich gesagt hat, jeder dritte Euro wird im Tourismus verdient, jeder vierte Arbeitsplatz hängt am Tourismus. Dessen sollte sich jeder Tiroler bewusst sein, dass es ohne Tourismus in diesem Land nicht funktionieren würde.
Oberland Dabei: Mit „Contact Tracing“ und Co kommt eine richtige „Digitalisierungswelle“ auf uns zu? Gibt es in puncto Digitalisierung weitere Neuerungen im Tourismus im Paznaun?
Alexander von der Thannen: In unserem Hotel sind beispielsweise die Speisekarten alle digitalisiert – wurde es vorher noch wenig von Gästen akzeptiert, ist es nun plötzlich anders. Auch die Weinkarte ist online – auch das hat bis März keinen wirklich interessiert. Von Seiten des Tourismusverbandes ist unser Online-Meldesystem etwas, das unseren Gastgebern und Gästen das Check In vor Ort erleichtert. Auch das Meldewesen ist (in der Online-Version) wesentlich einfacher für den TVB. Auch die „Iski Ischgl App“ wird in Zukunft eine große Rolle spielen, zB. im Bezug auf Buspläne, Anstehzeiten bei Liftanlagen. In Zukunft ist alles über diese App machbar. Begonnen haben wir mit dieser App mit der „Schmuggler Route“, deswegen haben wir schon jetzt haben wir 500.000 Downloads.
Vielen Dank für das Gespräch!