Nahwärmekraftwerk St. Anton am Arlberg in Oberland DABEI

Bezirk Landeck investiert mit Biowärme in die Zukunft

Mehr und mehr sprießen Biomasse-Heizwerke aus den Böden der Tiroler Gemeinden, so in den letzten Jahren auch in zwei Orten des Bezirkes Landeck. Die Nahwärme-Anlagen in St. Anton und St. Christoph sind die besten Beispiele dafür, wie sich Gemeinden energieunabhängig für die Zukunft wappnen und Zams dafür, wie man seit geraumer Zeit gut mit der Biowärme heizt.

Weg vom Erdöl – so lautet die Devise vieler in diesen aktuellen Zeiten. Eine Möglichkeit ist dabei die Biowärme: Sie bietet eine große Versorgungssicherheit, ist bequem, da keine Brennstoffe im jeweiligen Gebäude gelagert werden müssen, und tut der Umwelt gut, da sie den Ausstoß von Kohlendioxid, Schwefel, Schwefeldioxid und Staub geringhält. Nicht zuletzt stimmt bei der regionalen Nahwärme auch der Preis, da man im Großen und Ganzen von internationalen Verwerfungen unabhängiger ist und den Brennstoff von lokalen Erzeuger:innen beziehen kann. Dass die Biomasse große Vorteile bietet, war man sich im Tourismusort St. Anton am Arlberg bereits vor zwei Jahrzehnten bewusst; der Gedanke einer eigenen Anlage wurde aber letztlich vor drei Jahren in die Tat umgesetzt.

„Im Hinterkopf hatten wir schon jahrelang, dass wir ein Biomasse-Heizwerk bauen wollen“, erzählt Elmar Huter, Geschäftsführer der Nahwärme St. Anton am Arlberg GmbH. Der Beginn einer größeren Baustelle, konkret der Verlegung der Bundesstraße, gab den Startschuss. Die Installation des Fernwärmenetzes vom Heizwerk bis zu den einzelnen Verbraucher:innen erfolgte sodann mit vorisolierten Fernwärme-Leitungsrohren. Dabei sprach die Zeit an sich eher nicht für den Start eines solch großen Projektes, mit dem ersten Öffnungstag nach dem Lockdown war der Baubeginn angesagt. „Es hat sich bereits in der Zeit des Lockdowns hingezogen – bauen wir oder bauen wir nicht“, schildert Huter die Überlegungen. Letztlich entschied man sich für den Bau, nach rund acht Monaten ergänzte das mit Holzschindeln verkleidete Gebäude das Ortsbild von St. Anton am Arlberg.

Nahwärme St. Anton am Arlberg GmbH

„Durch die unsicheren Zeiten, die massive Erhöhung des Ölpreises und das verstärkte Umweltbewusstsein hat das Biomasse-Heizwerk einen großen Stellenwert in der Bevölkerung bekommen.“

Elmar Huter, Geschäftsführer Nahwärme St. Anton am Arlberg GmbH

Doch mit der Bauphase in einer Corona-gebeutelten Zeit war es nicht genug, im ersten Betriebsjahr fiel die Tourismus-Saison fast zur Gänze aus, da die Betriebe durch behördliche Regelungen gesperrt waren. „Das war sehr schwierig für uns“, erinnert sich Elmar Huter; der Nahwärme-Betrieb lebt von Kund:innen aus dieser Branche, wobei auch alle gemeindeeigenen Gebäude versorgt werden. „Aber die heurige Saison ist dafür umso besser gelaufen. Den heurigen Winter hatten wir erstmals Vollbetrieb.“ Aktuell werden durch die 4.000 KW-Kesselanlage 78 Objekte versorgt. In einer zweiten Ausbaustufe ist nochmals eine solche inklusive Rauchgaskondensation und E-Filter geplant. Da man einen regen Zulauf bemerke, aber eher früher als später, wie Huter sagt: „Zuerst rechneten wir mit fünf bis zehn Jahren. Mit dieser großen Nachfrage kann das aber wesentlich schneller gehen.“

„Die Nachfrage zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Elmar Huter, Geschäftsführer Nahwärme St. Anton am Arlberg GmbH

Zukunftsfit sind St. Christoph & Zams

Das Biomasse-Heizwerk St. Christoph wurde 2015 auf Initiative der Touristiker:innen im Ort errichtet. Der Antrieb war und ist, einen weiteren Schritt Richtung nachhaltigerem Tourismus zu machen. Neben den positiven Umweltaspekten entspricht die CO2 neutrale Heizung auch den Ansprüchen der internationalen Gästeschicht von St. Christoph; ist das Reisen an sich schon umweltbelastend, wird die Wahl des Urlaubsorts mittlerweile auch unter dem Umweltgedanken getroffen. Dabei sollte es in St. Christoph jedenfalls ein Erfolgskonzept werden: „Bis auf zwei Häuser haben wir alle Objekte angeschlossen“, zeigt sich Marcell Strolz, Geschäftsführer des Biomasse-Heizwerks St. Christoph, zufrieden. „Der Nachbarort Zürs war hier in gewisser Weise ein Vorbild, da es hier seit Jahren funktioniert und wir dort eine Anschlussdichte von 100 Prozent haben.“ Die Motivation, solche Projekte umzusetzen, sind neben der wirtschaftlichen Komponente einen positiven Beitrag für die Gesellschaft, die Ökologie und das nachhaltige Wirtschaften leisten zu können. Und man geht hier noch weiter: Im kommenden Jahr wird das Heizwerk mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet. Es werden 120 Kilowatt Peak an der Fassade installiert.

„Es ist das Gebot der Stunde, dass man Heizwerke so effizient wie möglich macht und Energie einspart.“

Marcell Strolz, Geschäftsführer Biomasse-Heizwerk St. Christoph

Anderswo in Zams stand am Anfang auch die Vision, welche Karl Lenhart, Alfred Steuerer, Erwin Bouvier sen. und Josef Hammerl nachdrücklich verfolgten und Anfang 2009 umsetzten. Schlussendlich fanden sich 14 Gesellschafter aus Unternehmern, Banken, der Gemeinde Zams und der Agrargemeinschaft Zams zusammen, die einmal mehr bewiesen, dass man gemeinsam mehr erreicht; innerhalb einer rekordverdächtigen Zeit – im Juli erfolgte der Spatenstich, im Dezember heizte man bereits – wurde die Anlage erbaut und in Betrieb genommen. „Das Ganze war nur möglich, weil das Krankenhaus Zams mit der ehrwürdigen Mutter und dem Architekten Fritz Falch sowie die Gemeinde uns sehr wohlgesonnen waren“, erläutert Manfred Zanon von der Ortswärme Zams. Und weiter: „Große Abnehmer waren für uns wichtig, um das Projekt umsetzen zu können.“ Alle gemeindeeigenen Bauten wie etwa die Schulen, das Krankenhaus Zams und das Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern gehören nach wir vor zu den Abnehmern der sauberen Wärme, welche durch das vier Kilometer lange Versorgungsnetz angeliefert wird. „Heute läuft es bei uns sehr gut, wir bilanzieren soweit positiv“, beschreibt der Betriebswirt. „Weil vor allem das Krankenhaus Zams und das Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern auf unserer Seite standen, haben wir die Vision umsetzen können.“

Bestandsanlagen ausbauen & Heizwerke an sinnvollen Standorten errichten

Die klimaneutrale Wärmeversorgung ist eine der größten Herausforderungen der Zukunft, alleine in Tirol sind bis 2035 rund 60.000 Ölheizungen zu tauschen. Auf Bezirksebene liegen keine offiziellen Zahlen vor, die Biowärme Tirol schätzt die Anzahl in Landeck aber auf zumindest rund 3.200 Anlagen. Und die Zeit rennt beim Tausch – nicht nur wegen der ungünstigen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und deren Lieferanten – bis 2025 müssen Anlagen, die älter als 25 Jahre sind, ausgewechselt werden. Es besteht also in den nächsten drei Jahren Handlungsbedarf bei allen Heizanlagen, die vor der Jahrtausendwende eingebaut wurden. Wer jetzt umsteigen will, findet alle Mitgliedsbetriebe zum „Andocken“ auf der Geo-Landkarte der Biowärme Tirol. „Unsere Mitgliedsbetriebe geben gerne Auskunft, ob ein Anschluss im jeweiligen Netz möglich ist. Wir wollen Gemeinden und künftige Betreibende ermutigen, Anlagen zu errichten. Gerade in Tourismusgebieten gibt es gute Voraussetzungen, zudem werden unsere Gäste in Zukunft großen Wert auf Nachhaltigkeit legen“, sagt Biowärme-Koordinator Andreas Moser abschließend.

Titelbild: Das mit Holzschindeln verkleidete Gebäude ergänzt das Ortsbild von St. Anton am Arlberg.

Nahwärme St. Anton am Arlberg GmbH