Veränderung des Suchtmittelkonsums durch Corona

„Egal, welche Suchtmittel konsumiert werden – ob legal oder illegal – und egal, ob es sich um Suchtprävention oder akute Suchthilfe handelt – der Mensch muss bei der Beratung und Betreuung im Mittelpunkt stehen“, stellt Soziallandesrätin Gabriele Fischer klar. Die Erfahrung zeige, dass eine Sucht in den meisten Fällen nicht als singuläre Erkrankung gesehen und behandelt werden kann. „Menschen mit Suchtererkrankung brauchen schnelle, effiziente und interdisziplinäre Hilfe und Unterstützung, die auf die individuellen Probleme eingeht“, betont Fischer.

Um dies zu erreichen und Angebote in der Beratung und Unterstützung von suchterkrankten Menschen zu bündeln, wurde der Verein sucht.hilfe BIN (Beratung, Information, Nachsorge) und die Suchtberatung Tirol zur „Suchthilfe Tirol“ zusammengeführt. Ziel des im März vergangenen Jahres gegründeten Vereins ist es, Menschen mit Suchterkrankung zur Seite zu stehen. Der Fokus liegt dabei auf der Beratung, Begleitung und Betreuung von Menschen mit Alkohol-, Drogen-, Nikotin- und Medikamentenabhängigkeiten sowie von stoffungebundenen Abhängigkeiten wie Spielsucht.

Mitglieder dieses Vereins sind neben dem Land Tirol die Stadtgemeinde Innsbruck und der Tiroler Gemeindeverband sowie ehemalige Vorstandsmitglieder des Vereins sucht.hilfe BIN. „Was in Tirol in den letzten 25 Jahren parallel stetig gewachsen ist, ist jetzt unter einem Dach vereinigt, um noch besser von Suchtkrankheit Betroffenen und ihren Angehörigen in Einzelgesprächen oder Gruppen zu helfen. Ich getraue mich zu sagen, dass das jetzt bestehende flächendeckende Hilfs- und Betreuungsangebot der Suchthilfe Tirol einzigartig im deutschsprachigen Raum ist. 43 hochqualifizierte und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich in Innsbruck, Hall, Telfs, Imst, Landeck, Reutte, Schwaz, Kufstein, St. Johann, Kitzbühel und Lienz um über 2.500 Betroffene oder Angehörige. Die Beratung der Suchthilfe Tirol in den elf Beratungsstellen im ganzen Land ist kostenlos und anonym. Das ist gerade in einer Zeit wichtig und notwendig, in der wir in Tirol auch mit einer psychosozialen Pandemie konfrontiert sind“, so Univ. Prof. Dr. Christian Haring, Obmann des Vereins „Suchthilfe Tirol“. Das Land Tirol leistet für die Angebote der Suchthilfe Tirol einen Beitrag in der Höhe von 1,8 Millionen Euro und betreibt im Auftrag des Landes und der Sozialversicherungsträger gemeinsam mit dem PSP Tirol auch den Psychosozialen Krisendienst. „Auch Präventionsmaßnahmen werden vorangetrieben“, betont Fischer. Wiewohl in der Präventionsarbeit nicht in Zahlen gegossen werden kann, wie viele Suchterkrankungen verhindert werden konnten, sei dies ein maßgeblicher Teil der Suchthilfe.

Veränderung des Konsumverhaltens aufgrund der Pandemie

Gerade in der Pandemiezeit steigt das Risiko einer Suchterkrankung. „Wir haben unter unseren Klienten eine Befragung gestartet, um von ihnen zu erfahren, wie sich in der Covid-Pandemie ihr Suchtverhalten verändert hat. Das Suchtverhalten, das zeigt die Befragung, hat sich allerdings nicht nur wegen der Pandemie und in verschiedene Richtungen verändert. Insgesamt werden aber während der Pandemie mehr Suchtmittel konsumiert“, berichtet Suchthilfe-Tirol-GeschäftsführerWolfgang Sparber und führt weiter aus: „Vier Fünftel der befragten KlientInnen geben an, dass sich ihr Suchtverhalten verändert hat. 25 Prozent der Befragten geben an, dass sie jetzt mehr Suchtmittel konsumieren, rund 12 Prozent konsumieren hingegen weniger. Zehn Prozent hingegen geben an, dass sie eine Substanz gar nicht mehr konsumieren. Als Gründe für die Konsumveränderungen werden unter anderem der Wegfall von sozialen Kontakten, Ängste, Sorgen und Langeweile genannt. Insgesamt ist das Problembewusstsein in Bezug auf das Suchtverhalten während der Pandemie bei unseren KlientInnen gestiegen.“

„Es war richtig, diese Strukturen in der Suchthilfe zusammenzuführen und ich bin froh, dass dies schon vor der Pandemie auf Schiene gebracht wurde“, resümiert Fischer, denn: „Das Thema Sucht verlangt eine Vielzahl an Maßnahmen, vor allem auch eine intensive Präventionsarbeit. Und es verlangt die enge Kooperation aller in der Suchthilfe tätigen Akteurinnen und Akteure. Wir haben ein engmaschiges Unterstützungsnetz geflochten, damit auf die Probleme der suchterkrankten Menschen mitsamt ihrer oft mit einer Sucht einhergehenden sozialen Not individuell eingegangen werden kann.“ Abschließend appelliert Tirols Soziallandesrätin an alle Betroffenen: „Nehmen Sie frühzeitig Hilfe in Anspruch, wenn sich ein Suchtproblem abzeichnet! Dann ist es leichter, mit entsprechender Unterstützung aus der Abhängigkeitsspirale auszusteigen.“


Factbox:

Suchthilfe Tirol

Telefonnummer: 0512/580080

Die Beratung der Suchthilfe Tirol in den elf Beratungsstellen im ganzen Land ist kostenlos und anonym.

Mehr Infos unter www.suchthilfe.tirol

Bild: „Was in Tirol in den vergangenen 25 Jahren parallel stetig gewachsen ist, ist jetzt unter einem Dach vereinigt“, sagt Christian Haring, Obmann des Vereins „Suchthilfe Tirol“.
Foto: Land Tirol/Gratl