Muren, Hochwasser, Stürme, Hagel – immer öfter müssen die Feuerwehren in Tirol nach Extremwetterereignissen ausrücken – zuletzt in St. Anton am Arlberg. Allein im heurigen Jahr 2024 mussten insgesamt bereits bei über 2.200 Einsätzen der Feuerwehr Keller ausgepumpt, Straßen freigeräumt oder umgefallene Bäume von Dächern entfernt werden. Zum Vergleich: Noch im Jahr 2014 waren es insgesamt gerade einmal 1.300 Einsätze nach Extremwetterereignissen.
In enger Kooperation zwischen dem Land Tirol und dem Landesfeuerwehrverband Tirol passen sich die Feuerwehren in Tirol dieser Entwicklung an: Auf Basis eines neuen Konzeptes werden die bereits umfassenden Kompetenzen der Feuerwehren für Katastropheneinsätze erweitert, um auf solche Einsätze noch besser vorbereitet zu sein. So werden Feuerwehrautos umgerüstet und weitere Spezialausrüstung für den Einsatz in den Bezirken angeschafft. Auch im Bereich der Ausbildung der Feuerwehrleute werden bereits laufend Adaptierungen im Hinblick auf Katastropheneinsätze vorgenommen. Die benötigte Spezialausrüstung und spezielle Ausbildungen werden vom Land Tirol gefördert.
„Durch den Klimawandel häufen sich Extremwetterereignisse – das können wir alle beobachten und wird auch von Klimaexpertinnen und -experten bestätigt. Gerade in einem gebirgigen Land wie Tirol haben Extremwetterereignisse direkt zur Folge, dass es öfter zu Muren, Hochwassern oder anderen Naturereignissen kommt. Diese verursachen nicht nur enorme finanzielle Schäden, sondern gefährden auch Menschenleben“, erklärt Sicherheitslandesrätin Astrid Mair und führt weiter aus: „Wir sind in Tirol in Sachen Katastrophenschutz bereits sehr gut aufgestellt, sowohl in der Prävention und Überwachung als auch für Einsätze nach solchen Ereignissen. Gerade den Feuerwehren kommt nach einem Extremwetterereignis eine wichtige Aufgabe zu, um Schäden zu beseitigen und Menschenleben zu schützen. Angesichts sich ändernder Herausforderungen unterstützen wir die Tiroler Feuerwehren, die bestehenden Kompetenzen weiter auszubauen – es geht um die Umrüstung von Feuerwehrautos, die Anschaffung von zusätzlicher Spezialausrüstung, die weitere Adaptierung der Ausbildung und schlussendlich dem Lernen aus bisherigen Einsätzen.“
Katastropheneinsätze der Feuerwehren steigen
In Tirol gibt es insgesamt 19 Katastrophenhilfszüge, die ausrücken, wenn es etwa zu schweren Hochwassern – wie zuletzt in St. Anton am Arlberg – kommt. Tirolweit verfügt man zudem über 18 mobile Großpumpen und über 60 Notstromaggregate auf Anhängern. „Wir sind in Tirol sehr gut aufgestellt. Wir haben bereits in den vergangenen Jahren hier viel umgestellt und etwa die Katastrophenhilfszüge als wichtiges Unterstützungsinstrument im Ernstfall aufgebaut. Diese sind aus vordefinierten Feuerwehren im Bezirk gegliedert und in kürzester Zeit einsatzbereit. Fakt ist aber auch, dass die Katastropheneinsätze sprunghaft zunehmen. Die Zahlen sprechen ein klares Bild“, verweist Landesfeuerwehrkommandant Jakob Unterladstätter auf die steigenden Einsätze der Feuerwehren nach sogenannten Elementarereignissen: „Hatten wir im Jahr 2014 in Tirol noch 1.338 Alarmierungen aufgrund von Elementarereignissen – also etwa nach Stürmen, Schneefall oder Hochwassern – sind es 2022 schon über 2.000 gewesen, 2023 waren es über 3.500 Einsätze. Dieses Jahr haben wir bereits über 2.200 Alarmierungen aufgrund von Elementarereignissen – und das obwohl der Herbst und der Winter noch vor uns stehen. Festzustellen ist dabei auch, dass die Ereignisse vermehrt lokaler werden und dadurch oft einzelne Gemeinden intensiver betroffen sind. Mittlerweile sind rund ein Fünftel aller unserer Einsätze aufgrund von Elementarereignissen. Die Zahlen zeigen uns demnach klar, dass wir hier reagieren und unsere Kompetenzen in diesem Bereich weiter verschärfen müssen.“
Einheitliche Fahrzeuge, Spezialausrüstung und zusätzliche Konzepte
Basis der Kompetenzerweiterung im Bereich der Katastropheneinsätze sind zusätzliche Spezialausrüstungen. Dazu zählen etwa Großpumpen, Notstromaggregate, Nasssauger, Schmutzwasserpumpen und Hochwasserbarrieren. Im Rahmen des Konzepts des Landesfeuerwehrverbands sind solche zusätzlichen Gerätschaften strategisch in ganz Tirol verteilt. „Wir haben bereits einiges an Spezialausrüstung. In Anbetracht der immer steigenden Anzahlen wird das auf Dauer jedoch nicht reichen“, so Landesfeuerwehrinspektor Rene Staudacher. Derzeit befinden sich vier mobile Großstromerzeuger mit 80 Kilovoltampere für Standorte in den Bezirken Landeck, Kitzbühel und Innsbruck-Land im Beschaffungsprozess. Die Erweiterung der Gerätschaften um weitere mobile Großpumpen ist in Vorbereitung.
Gleichzeitig werden auch Umstrukturierungen bei den Fahrzeugen vorgenommen: „Die Fahrzeuge der Feuerwehren sollen in Zukunft noch besser auch für Katastropheneinsätze ausgerüstet sein. Das beginnt beim Ankauf: Wir treiben hier eine Vereinheitlichung und Optimierung der Fahrzeuge voran, sodass diese schon bei der Grundausrüstung – etwa durch zusätzliche Hebebühnen – besser für Katastropheneinsätze genutzt werden können“, so Staudacher und führt weiter aus: „Gleichzeitig führen wir ein neues Modulsystem ein, um mehr Nutzungsmöglichkeiten zu schaffen: Jede Feuerwehrwache kann mit speziellen – thematisch unterschiedlich mit Spezialausrüstung bestückten – Rollcontainern ausgestattet werden, etwa für die Bereiche Hochwasser, Stürme, Muren oder Steinschläge. Kommt es zu einem Katastropheneinsatz, kann der jeweils benötigte Rollcontainer in die Fahrzeuge geschoben werden, um für den Einsatz die benötigte Spezialausrüstung mitzuführen. Damit sind die Feuerwehren flexibler und die Fahrzeuge für die Katastropheneinsätze ideal ausgerüstet.“
Auch im Ausbildungsbereich werden bereits laufend Adaptierungen im Bereich des Führens in der Großschadenslage oder im technischen Bereich vorgenommen, wie etwa im Umgang mit Motorsägen oder Seilwinden. Dabei werden in relevanten Lehrgängen grundlegende Themen des Katastrophenhilfsdienstes erarbeitet und vermittelt. Neue Erkenntnisse aus Katastropheneinsätzen fließen dabei laufend in das Ausbildungsprogramm ein. Dieser Prozess ist auch Mitgrund, dass Einsätze wie zuletzt in St. Anton möglichst zügig und unfallfrei ablaufen.
Finanzielle Unterstützung durch das Land Tirol
„All das kostet natürlich auch Geld – als Land Tirol unterstützen wir die Feuerwehren hierbei im Rahmen von speziellen Fördertöpfen. Denn jeder hier investierte Cent ist eine direkte Investition in mehr Sicherheit“, erklärt LRin Mair. Über Mittel des Landesfeuerwehrfonds sowie des Gemeindeausgleichsfonds wurden die Tiroler Feuerwehren im Jahr 2024 bisher bereits mit rund 19 Millionen Euro unterstützt. „Damit co-finanzieren wir etwa Feuerwehrfahrzeuge, aber auch Pumpen, hydraulische Rettungsgeräte, Ausrüstung für den Atemschutzeinsatz und vieles mehr“, so LRin Mair.
„In Anbetracht der steigenden Katastropheneinsätze legen wir bei der Förderung künftig einen verstärkten Fokus auf Beschaffungen von Spezialausrüstungen und zusätzlichen Ausbildungen. Wir wollen die Mittel noch zielgerichteter entsprechend der aktuellen Herausforderungen einsetzen und in enger Abstimmung mit dem Tiroler Feuerwehrverband fachlich gerechtfertigte Mittelumschichtungen vornehmen.“
St. Anton am Arlberg als Beispiel von Wirksamkeit der Katastrophenhilfszüge
Zuletzt haben die Geschehnisse in St. Anton am Arlberg gezeigt, welche enormen Belastungen Extremwetterereignisse auch für die Einsatzkräfte mit sich bringen. „In St. Anton gab es unzählige verschiedene Einsatzgebiete: Vom Auspumpen mehrerer Keller bis hin zum Bergen von mitgerissenen Autos aus den Bächen. Insgesamt haben die Feuerwehrleute fast 15.000 Einsatzstunden geleistet“, fasst Martin Raffeiner, Bezirksfeuerwehrinspektor von Landeck und Einsatzleiter in St. Anton, zusammen. „Einen solchen Großeinsatz können nicht ein paar wenige Wachen alleine stemmen. Daher haben wir insgesamt 1.339 Feuerwehrleute und 241 Feuerwehrfahrzeuge aus 111 Feuerwehren eingesetzt“, so Raffeiner weiter und verweist zudem auf die eingesetzten Katastrophenhilfszüge: „Insgesamt sieben verschiedene Hilfszüge aus ganz Tirol waren in St. Anton im Einsatz. Sie haben uns mit zusätzlichen Feuerwehrleuten, aber auch mit Spezialwerkzeug – etwa Drohnen, Großstromerzeugern oder Großpumpen – bei der Bewältigung der Einsätze und den Aufräumarbeiten unterstützt.“
„St. Anton hat uns gezeigt, welche Herausforderungen in den kommenden Jahren immer häufiger werden. Gleichzeitig haben wir auch gesehen, wie gut die Unterstützung bereits jetzt funktioniert. Gerade die Katastrophenhilfszüge – also zusammengestellte Hilfszüge mit spezieller Ausrüstung und ausgebildeten Einsatzkräften – haben sich einmal mehr bewährt. Genau diese Erfahrungen sind Basis für den weiteren Kompetenz-Ausbau, der in den kommenden Jahren verwirklicht wird“, sind sich LRin Mair und Landesfeuerwehrkommandant Unterladstätter einig.
Bild: Land Tirol/Hörmann