Wie wichtig die mehr als 700-jährige Tradition des eigenen Gerichtssitzes in Telfs genommen wird, unterstrich Bgm. Christian Härting in seinen Grußworten. Immerhin hat die Gemeinde in seiner Amtszeit bereits zwei Mal intensiv und erfolgreich um die Erhaltung des Bezirksgerichtes, dem Nachfolger des einstigen Landgerichts, gekämpft.
Die sehenswerte Ausstellung wird von Christine Gamper und Sandra Marsoun-Kaindl von der Kulturabteilung der Marktgemeinde Telfs kuratiert. Im Mittelpunkt steht zum einen die lange Geschichte des Gerichtes Hörtenberg-Telfs, zum anderen die Rechtspflege und Rechtsprechung vergangener Epochen generell. Die Ursprünge des Gerichts Hörtenberg, zu dem mehr als ein Dutzend Dörfer von Telfs bis Zirl und Scharnitz gehörten, liegen im 13. Jahrhundert. Damals amtierten die Richter, die zugleich oberste Verwalter der Region waren, auf der Burg Hörtenberg oberhalb von Pfaffenhofen. Um 1600 übersiedelte man ins bequemere „Fürstengebäude“ (heute Schöpfstraße 2) in Telfs.
Vom Gerichtsalltag wissen wir vieles aus Akten, die im Landesarchiv lagern. Etwa 1000 davon hat Wolfgang Humer erschlossen und transkribiert. Darin erfährt man von Erbschaftsangelegenheiten und Grundstückstransaktionen ebenso wie von Diebstählen, Schlägereien, Nachbarschaftsstreitigkeiten und Beleidigungsprozessen. Etwa, wenn 1794 ein Leutascher Klage erhob, weil er ein „Hurenjäger“ genannt wurde. Oder wenn das Gericht 1823 über den Einspruch des Pfarrers von Seefeld gegen eine Eheschließung befinden musste, weil der 33-jährige Bräutigam zu Raufhändeln neige und die 50-jährige Braut „geiles und schandloses“ Verhalten zeige. 1831 musste der Lehrer und Organist von Telfs streng ermahnt werden, weil er stockbetrunken in der Kirche erschienen war und die Messe gestört hatte…
Das Gericht Hörtenberg verfügte aber auch über die „Blutgerichtsbarkeit“. Die Richter konnten also auch die Todesstrafe verhängen. Der Galgen stand am Lengeberg östlich von Telfs. Solche schweren Fälle, zu denen einst auch Zauberei und Hexerei gehörten, sind in Telfs eher selten nachzuweisen, doch beschäftigt sich die Ausstellung auch mit der Verhör- und Strafpraxis, die in diesem Zusammenhang üblich war. Die Schauobjekte dazu wurden großteils von den Tiroler Landesmuseen ausgeliehen. So ist etwa das Richtschwert des Gerichts Sonnenburg zu sehen, ebenso die eiserne „Schandmaske“, mit der Delinquenten öffentlich gedemütigt wurden, oder die „Mundbirne“. Dieses birnenförmige Gerät wurde bei Verhören in den Mund geschoben und langsam ausgedehnt um Geständnisse zu erpressen. Thematisiert wird auch die Rolle des Henkers, der für die Nordtiroler Gerichte über Jahrhunderte in Hall ansässig war und, wenn Hinrichtungen oder körperliche Bestrafungen anstanden, anreisen musste. Sämtliche Spesen und Aufwendungen des Scharfrichters wurden bis zum letzten Kreuzer genau verrechnet.
Ein besonderer Besucher der Ausstellungseröffnung war Zeno von Braitenberg aus Brixen. Er ist der Nachfahre der „Richterdynastie“ Braitenberg, aus der von 1707 bis 1810 drei Hörtenberger Landrichter – Vater, Sohn und Enkel – hervorgingen. Die Familie stellte für die Ausstellung Porträtbilder und Objekte zur Verfügung. Der letzte Richter aus der Familie Braitenberg, Johann Josef Cajetan, wurde von den damaligen bayerischen Machthabern in den Ruhestand geschickt, weil er sich 1809 ohne Zögern auf die Seite der Tiroler Rebellen geschlagen hatte und seine Söhne als Offiziere des Hörtenberger Schützenaufgebots in den Kampf gezogen waren.
Das und vieles andere mehr kann übrigens auch nachgelesen werden. Die Kuratorinnen haben einen Ausstellungskatalog mit mehreren Beiträgen herausgebracht. Er ist für 12 Euro in der Villa Schindler und im Noaflhaus zu erwerben.
Die Ausstellung „Missetaten und Rechtssprüche – Das Gericht Hörtenberg“ in der Villa Schindler in Telfs, Obermarktstr. 45, ist noch bis 9. November Mittwoch von 14–17 Uhr, Donnerstag 17.30–20 Uhr und Samstag 13–17 Uhr zu sehen.
Bild: MG Telfs/Dietrich