Ischgls Bürgermeister Werner Kurz schilderte in seiner Begrüßung die Beweggründe für die Errichtung der Therme: „Sie ist nicht nur ein zusätzlicher Service für die Gäste, sondern soll auch zu einer Saisonerweiterung beitragen und neue Besuchergruppen erschließen.“ Günther Zangerl, Vorstand der Silvrettaseilbahn AG, die die Therme errichtet hat, konnte an die Ausführungen von Bürgermeister Kurz direkt anschließen und stellte gemeinsam mit Architekt Michael Krieger und Thermen-Geschäftsführer Andreas Ramsauer die Silvretta Therme Ischgl vor.
Neue Projekte und damit verbunden neue Impulse für die Bäder- und Freizeitbranche standen im Mittelpunkt des ersten Kongresstages. Thomas Sjöstrand aus Göteborg hatte eine besondere Botschaft im Gepäck, als er nach Ischgl reiste: „Never give up“. Eigentlich sollte der neue Oceana Wasserpark, der Schwedens größten Freizeitpark Liseberg um eine Attraktion reicher machen soll, im Juni dieses Jahres eröffnet werden. Die ersten Becken waren bereits mit Wasser gefüllt, als ein Großbrand im Februar die Anlage fast vollständig zerstörte. Das Management des Parks entschied sich zum Wiederaufbau, die Eröffnung aber wird sich um zwei Jahre verzögern. Für sein Statement erhielt der schwedische Referent großen Applaus vom Publikum.
Das Spektrum der vorgestellten Projekte reichte vom thematisierten großen Wasserpark bis zu architektonisch anspruchsvollen Bäderbauvorhaben, die eher dem Sportstättenbau zuzuordnen sind. Olivier Zirnheld aus Luxemburg stellte die ambitionierte Kombination eines Velodroms mit einer Sporthalle und einem Sport- und Familienbad vor, das in Mondorf-les-Bains entsteht. Frankfurts Bäderchef Dr. Boris Zielinski und Architekt Rolf Böker zeigten, wie der Neubau des Frankfurter „Flaggschiffs“ Rebstockbad nicht nur einen dringenden Bedarf an Wasserflächen für Schulen, Vereine und die Öffentlichkeit befriedigen soll, sondern auch einen städtebaulichen Akzent im neuen Europaviertel der Mainmetropole setzen wird.
„Neue Giga-Projekte“, so war der Vortrag von Rainer Maelzer von der WitheWater ERA GmbH überschrieben. Und in der Tat sind die Projekte, an denen der Hersteller von Rutschen und Wasserattraktionen international beteiligt ist, atemberaubend in mehrfacher Hinsicht. So hat der Rutschenturm im Meryal Waterpark in Katar eine Höhe von 85 Metern – Weltrekord! Rekordverdächtig sind auch die Investitionssummen, die derzeit in arabischen Ländern für neue Wasser- und Freizeitparks ausgegeben werden. Zwischen 500 Millionen und einer Milliarde US-Dollar werden in Projekte investiert, mit denen die Einnahmen aus der Petrochemie langfristig durch Einnahmen aus dem Tourismus ersetzt werden sollen.
Auch in Europa entstehen zunehmend größere Wasserparks und Freizeitbäder. Im Fokus der Projekte steht auch hier das Familienpublikum. Dieses wird neben den Senioren auch zukünftig die Entwicklung des Tourismus und der Freizeitwirtschaft prägen, wie Prof. Dr. Torsten Widmann, der Leiter des Studiengangs Freizeitwirtschaft an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, eindrucksvoll mit Zahlen belegte.
Während die Freizeitbäder und Thermen in Europa mit der Entwicklung der Gästezahlen nach der Pandemie und der Energiepreissteigerung wieder sehr zufrieden sein können, wie ein Podiumsgespräch mit den Badbetreibern Dr. Uwe Allmann (AquaMagis Plettenberg), Dr. Edmund Friedl und Florian Perteneder (VAMED Unternehmensgruppe Wien), Robin Stork (Unternehmensgruppe Stork) und Patrick Doll (Unternehmensgruppe monte mare) bestätigte, stehen die öffentlichen Bäder in Europa unter der Herausforderung, ihren Betrieb ökologisch und ökonomisch nachhaltig aufzustellen. Dass diese Herausforderung auch eine große Chance für die Freizeitbäder und Thermen bietet und dass der eher skeptische Blick in die Zukunft in vielen Entwicklungsfeldern nicht berechtigt ist, zeigte Dr. Harald Köpping vom Leipziger Thinktank „2b AHEAD Zukunftsforschungsinstitut“ eindrucksvoll auf.
Den Themen Nachhaltigkeit, Publik und Social Value war der zweite Kongresstag gewidmet. Prof. Dr. Natalie Eßig stellte die aktuellen Nachhaltigkeitsindikatoren und -kriterien für Schwimmbäder vor und schilderte den oft mühsamen Weg durch die Zertifizierungsanforderungen, der vielen Bädern bevorsteht. Stefan Studer von der Kannewischer Management AG aus der Schweiz hatte sich die verschiedenen Studien zum öffentlichen und sozialen Wert von Schwimmbädern und Thermen vorgenommen und analysiert. Dabei tauchte immer wieder ein sehr vergleichbarer Wert auf: Ein Euro (bzw. britisches Pfund oder australischer Dollar), der in Bäder und Sportanlagen investiert wird, erspart ca. den vierfachen Betrag im Gesundheitswesen der Länder.
Der Kongress endete mit einem eindrucksvollen Balanceakt: Extremsportler Friedi Kühne, mehrfacher Weltrekordhalter auf der Slackline, berichtete von seinem „Ausflug“ auf eine 2,7 Kilometer lange Slackline und von seinem Gang über eine 70 Meter lange Slackline, den er in 400 Metern Höhe und ohne Sicherungsleine vor einem tosenden Wasserfall absolvierte. Seine Botschaft: „Es braucht nicht nur Mut, um solche Rekorde aufzustellen, sondern auch Mut, zum richtigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung zu treffen, die auch einmal den Abbruch eines Rekordversuchs bedeuten kann. Und es bedarf vor allem eines starken Teams, das hinter jeder starken Einzelleistung steht.“
Ein starkes Team – dies war auch der Eindruck der Kongressgäste von den Mitarbeitenden der Silvretta Therme und der Silvrettaseilbahn AG, die sich als perfekte Gastgeber erwiesen. Für 90 % der Teilnehmer stand bereits am Ende des Kongresses fest: Beim 10. Internationalen EWA-Kongress „Zukunftsperspektiven der europäischen Bäderlandschaft“ werden sie wieder dabei sein.
Bild: EWA – European Waterpark Association e.V.