Trotz einer sehr erfolgreichen Wintersaison steht den Tiroler Bäder- und Saunabetrieben das Wasser bereits bis zum Hals. Ohne finanzielle Unterstützung vom Land sind viele von der Schließung bedroht.
Obwohl die Besucherzahlen in den Tiroler Bäder- und Saunabetrieben im Winter 2022/2023 etwa 15 Prozent über dem langjährigen Durchschnitt lagen, müssen die Bäder in Tirol den Gürtel enger schnallen. „So sehr uns die zahlreichen Badegäste im vergangenen Winter freuen, machen uns die hohen Energiekosten heuer sehr große Sorgen. Die Situation ist für viele Betreiber:innen öffentlicher Hallenbäder existenzbedrohend“, fasst Ulrich Mayerhofer, Berufsgruppenobmann der Tiroler Bäder, die gegenwärtige Lage zusammen. Mayerhofer fordert daher vom Land für den laufenden Betrieb öffentlicher Hallenbäder nachhaltige Unterstützung in der Höhe von insgesamt 12 Millionen Euro pro Jahr.
In den vergangenen Monaten haben in Tirol bereits vier Hallenbäder ihre Pforten für immer geschlossen. Neben den gestiegenen Energiekosten summieren sich der Fachkräftemangel und die allgemeine Teuerung zu den Problemen der Betriebe hinzu. Der Hauptgrund für die Schließungen liegt aber darin, dass öffentliche Hallenbäder nicht kostendeckend geführt werden können. Besonders Bäder, in denen dringend umfangreiche Sanierungen getätigt werden müssen, geraten so in die Bredouille. „Die Betreiber bemühen sich redlich, die Abgänge gering zu halten und möglichst wirtschaftlich zu arbeiten. Dies führt aber mittelfristig dazu, dass Sanierungsarbeiten aufgeschoben werden und Bäder mit der laufenden Instandhaltung in Rückstand geraten, bis sich hohe Kosten aufgestaut haben“, beschreibt Mayerhofer das Problem.
„Die Situation ist dem Land Tirol seit Jahren bekannt, dennoch werden seitens des Landes zwar Investitionen in neue Bäder gefördert, mit dem laufenden Betrieb werden die Gemeinden bzw. Eigentümer der Bäder dann aber allein gelassen“, ruft der Obmann der Tiroler Bäder die Verantwortlichen auf, den operativen Betrieb der Tiroler Bäder von Seiten des Landes zu bezuschussen.
Auch moderne Bäder leiden.
Die gegenwärtigen Umstände treffen aber nicht nur ältere Bäder mit einem Investitionsstau, auch moderne Betriebe leiden darunter. So auch das Atoll am Achensee, ein neues Bad mit modernster Technologie, das ohne fossile Energie praktisch CO2-neutral betrieben wird.
„Unser Haus ist am neuesten Stand der Technik und verfügt über 4 Wärmepumpen, welche die gesamte Anlage heizen, kühlen und lüften“, berichtet Melanie Hechenberger, Betriebsleiterin des Atolls, „sogar die Abwärme der Kühlhäuser wird ins System eingespeist und kann zum Heizen der Becken genutzt werden“. Zudem verfügt das Bad über eine Fotovoltaikanlage mit 200 kWp und wird von der Tiwag zu 100 Prozent mit Ökostrom beliefert. Dennoch hat das Atoll mit einer Vervierfachung der Energiekosten im laufenden Betrieb zu kämpfen. Ohne sehr hohe Subventionen des Tourismusverband Achensee und der Gemeinde Eben wären wir aufgrund der exorbitant gestiegenen Energiekosten momentan nicht in der Lage, das Atoll wirtschaftlich zu betreiben. Trotz aller Nachhaltigkeit stehen wir leider am Rand der Finanzierbarkeit“.
Förderung des operativen Betriebs.
Auch für Michael Kirchmair, Geschäftsführer des Freizeitzentrums Axams und des Telfer Bades, sind die steigenden operativen Betriebskosten bald nicht mehr zu stemmen. „Gerade aufgrund ihrer sozialen und gesellschaftlichen Funktion können öffentliche Hallenbäder nicht kostendeckend geführt werden“, verdeutlicht Kirchmair die angespannte Situation und verweist auf die vielen Schwimmkurse sowie das bestehende Freizeitangebot für Familien und Tourist:innen.
Zudem blickt das Freizeitzentrum Axams auf einen enormen Investitionsstau zurück. Während das Bad über eine Solaranlage und Lüftung aus den 90er Jahren verfügt, bedarf der Keller, der bereits seit dem Bau der chlorhaltigen Luft ausgesetzt ist, dringend einer Sanierung. Ein Unterfangen, dass nach professioneller Schätzung etwa 15 bis 20 Millionen Euro kosten wird. Deshalb richtet Kirchmair seinen Appell an das Land Tirol. Die Politik müsse die prekäre Situation endlich erkennen und den Bädern vor allem in finanzieller Hinsicht beistehen. Zuschüsse für Investition sind wichtig, aber auch im laufenden Betrieb muss endlich eine Unterstützung vom Land kommen“, fordert Kirchmair.
Leidtragende sind Standortgemeinden.
Auch Thomas Suitner, Bürgermeister der Gemeinde Axams weiß um die fatale Lage der Tiroler Bäder. Als Betreiber des Freizeitzentrums Axams gelingt es der Gemeinde „nur mit Mühe und Not“ den laufenden Betrieb offen halten zu können. „Mittlerweile müssen wir Infrastrukturprojekte wie Straßensanierungen aufschieben, um unser Schwimmbad und Freizeitzentrum langfristig für unsere Region zu erhalten“, fasst Suitner die herausfordernde Lage zusammen.
„Die Gemeinde Axams erhält als Standortgemeinde eine Infrastruktur, die von rund 70 Prozent nicht ortsansässiger Bevölkerung genutzt wird“, beschreibt der Bürgermeister die Problematik und stellt eine regionale Finanzierung durch mehrere Gemeinden zur Diskussion. „Ohne eine jährliche Abgangsdeckung durch das Land Tirol sowie die Beteiligung umliegender Gemeinden und der Tourismusverbände wird sich auch unser Bad bald in die Reihen der geschlossenen Schwimmbäder einreihen“, richtet der Bürgermeister seine Worte vor allem an die Landespolitik.
Schnelle Hilfe erforderlich.
Eines ist von allen Seiten klar: Die Bäder in Tirol stellen einen großen Mehrwert für Bewohner:innen und Tourismus dar, brauchen aber aufgrund der gestiegenen Betriebskosten aber dringend finanzielle Unterstützung.
Der gemeinsame Appell lautet darum: Ein Bekenntnis der Landespolitik zur sozialen und gesellschaftlichen Funktion der Bäder sowie 600.000 Euro im Jahr pro Betrieb. Es braucht nun einen gemeinsamen Schulterschluss der Gemeinden, Tourismusverbände und der Landespolitik, um das Bädersterben in Tirol aufzuhalten.
Titelbild: Fordern finanzielle Unterstützung vom Land für die Tiroler Bäder: (Von links nach rechts) Michael Kirchmair, GF des Freizeitzentrums Axams und des Telfer Bades, Ulrich Mayerhofer, Obmann der Tiroler Bäderbetriebe, Melanie Hechenberger, Betriebsleiterin des Atoll Achensee, Thomas Suitner, Bürgermeister der Gemeinde Axams und Patrick Rauter, GF der Fachgruppe Gesundheitsberufe.
Foto: WK Tirol