Inklusions-Demo in Oberland DABEI

„Handelt endlich!“: Über 250 Betroffene bei Inklusions-Demo

„Vor mittlerweile 14 Jahren hat Österreich die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet. Trotzdem sind viele Forderungen immer noch nur halbherzig umgesetzt,“ fordern Hannes Lichtner vom ÖZIV Tirol und Roman Scamoni von Integration Tirol heute „verbindliche, messbare Ziele und die dafür nötige Finanzierung“.

Die beiden Betroffenen-Organisationen haben die Mahnwache in der Innsbrucker Maria-Theresia- Straße in Innsbruck initiiert. Unterstützt wurden sie von Betroffenen, Interessensvertretungen von Menschen mit Behinderungen, Selbstvertreter*innen und Dienstleistern aus dem Bereich Behindertenarbeit. Zeitgleich zur Mahnwache in Innsbruck setzten Betroffene heute in allen Landeshauptstädten ein starkes Zeichen für mehr Inklusion.

Auslöser für die vom Österreichischen Behindertenrat (ÖBR) österreichweit koordinierten Proteste ist der völlig ungenügende Nationale Aktionsplan (NAP) Behinderung. Dieser wurde trotz massiver Kritik von Interessenvertretungen von und für Menschen mit Behinderungen im Juli 2022 vom Ministerrat beschlossen.

Auf Tiroler Ebene gehe es aktuell zusätzlich darum, die derzeit laufenden Verhandlungen zum Tiroler Aktionsplan Behinderung in die richtige Richtung zu lenken. Ein paar Beispiele: 

  • Noch immer ist Persönliche Assistenz außerhalb der Arbeitswelt in jedem Bundesland anders geregelt. Einzelne Personengruppen wie z.B. Menschen mit Lernschwierigkeiten oder psychischen Erkrankungen, sind meist davon ausgeschlossen.
  • Noch immer werden zu wenige barrierefreie (Wohn-)Gebäude errichtet und Online-Anwendungen entwickelt (z.B. Internet-Banking).
  • Noch immer ist Inklusion in der Schule nicht flächendeckend umgesetzt ist. Kinder und Jugendliche mit Behinderungen werden weiterhin getrennt von ihren Alterskolleg*innen in Sonderschulen unterrichtet. 
  • Noch immer führt der Weg aus der Sonderschule oftmals direkt in eine „Tagesstruktur“ (Werkstatt), in der Menschen mit Behinderungen für ihre Arbeit keinen Lohn, sondern bloß ein Taschengeld bekommen.
  • Wenn Menschen mit Behinderungen den Weg in den ersten Arbeitsmarkt finden, sind sie – noch immer – häufiger und länger von Arbeitslosigkeit betroffen. Gerade für Menschen mit höheren Unterstützungsbedarf fehlen entsprechende Strukturen und Angebote.  Das ist nur einer der Gründe, warum Menschen mit Behinderungen – noch immer – stärker von Armut betroffen.
  • Die aktuelle Teuerung stellt viele Menschen mit Behinderungen vor große Probleme, von der Leistbarkeit persönlicher Assistenz, pflegerischer und therapeutischer Leistungen bis hin zur Mobilität.

Am Ende der Protestversammlung marschierte der Demonstrationszug zum Tiroler Landhaus und übergab den Forderungskatalog. Der Einladung, die Forderungen entgegenzunehmen, waren die – in alphabetischer Reihenfolge – die Grünen, die FPÖ, die NEOS und die SPÖ gefolgt.

„Leider waren nicht alle im Tiroler Landtag vertretenen Parteien vor Ort, um unsere Forderungen entgegenzunehmen. Es ist ein deutliches Zeichen dafür, dass Menschen mit Behinderungen weiterhin laut und deutlich für ihre Rechte einstehen müssen – damit sie endlich gehört und berücksichtigt werden“, so Hannes Lichtner und Roman Scamoni im Namen aller unterstützenden Organisationen abschließend.

Die Protestversammlung war getragen von der Zusammenarbeit und Redebeiträgen von Selbstvertreter*innen und verschiedensten Organisationen, wie der Integration Tirol. ÖZIV Landesverband Tirol, Lebenshilfe Tirol, Verein Tipsi, Verein AMB, argeSODiT, Gehörlosenverband Tirol, Blinden- und Sehbehindertenverband Tirol, Aufbauwerk und vielen anderen.

Die Forderungen im Überblick.
  • Ein inklusives Bildungssystem: Alle Menschen lernen zusammen
  • Bedarfsgerechte, bundeseinheitliche Persönliche Assistenz: Jeder und jede bekommt die Unterstützung, die er oder sie braucht.
  • Barrierefreiheit: Alle Menschen haben Zugang zu Gebäuden, zu Information, zum Internet
  • Arbeit: Gehalt (kein Taschengeld) für alle, die arbeiten.
  • Teuerung kompensieren und Armut bekämpfen: Jeder bekommt genug Geld zum Leben

Titelbild: Bei der Inklusions-Demo richteten über 250 Personen ihre Forderungen zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen an die Tiroler Landespolitik.

Foto: ÖZIV-Landesverband Tirol