Ötztal-Classic in Oberland DABEI

Wenn Vorfahren aus der Nachkriegszeit vorfahren

Die Ötztal-Classic startet in ihre 24. Auflage: Über 420 Kilometer, von 4. bis 6. August

Heißgeliebte Auto-Klassiker, gesteuert von berühmten Ausnahme-Piloten, bezwingen vom Donnerstag, dem 4. August bis zum Samstag, dem 6. August unter dem Banner der legendären Ötztal-Classic zum 24. Mal Tirols Passstraßen. Heuer führt die Strecke erstmals von der Biehler Höhe nach Vorarlberg und über den Arlbergpass zurück. Auch Ski-Ass und Auto-Tüftler Benni Raich ist mit von der Partie und hat laut Fachleuten hohe Chancen auf einen Podiumsplatz.

Zum überwiegenden Anteil wird die Ötztal-Classic auf Tirols Pass- und Gebirgsstraßen ausgetragen. Für starke Sportwagen aus der Vorkriegszeit ist die herausfordernde Strecke kein Problem, PS-schwache Klassiker hingegen werden Schwierigkeiten haben, die Wertungsprüfungen in den vorgegebenen Zeiten zu absolvieren. Damit der Wettkampf fair ist, trennt die Klasseneinteilung bei der Ötztal-Classic strikt zwischen den Jahrgängen. So haben alle Autos im maximal 97 Autos umfassenden Startfeld gleiche Chancen auf den Sieg. Fahrzeuge aus frühen Epochen sind meist wesentlich schmaler geschnitten als neuere Modelle, eine Sitzgarnitur reichte für Fahrer und Beifahrerin. Die Bestuhlung durch Einzel- oder gar Schalensitze wurde erst im Laufe der Zeit modern. Die meist ledernen Sitzbänke im hinteren Teil des Wagens waren in recht ausladenden Maßen gefertigt und einladend für Beifahrerinnen und Beifahrer, da Kurvengeschwindigkeiten und Fliehkräfte der Kinderstube noch nicht entwachsen waren.

Auf die Pässe, fertig, los!

Bei der Ötztal-Classic allerdings könnte es bei den langen kurvenreichen Talfahrten vom Rettenbach Gletscher, dem Timmelsjoch oder von der Biehler Höhe zu kleinen Gewichtsverlagerungen durch hin und her rutschende Co-Pilotinnen und -Piloten kommen. Dies wäre besonders tückisch, da Co-Pilotinnen und -Piloten in einer solchen Situation den Überblick über das Gebetbuch, in dem wichtige Streckenmerkmale vermerkt sind, aus den Augen verlieren könnten und die Rallye-Fahrerinnen und -Fahrer so auf Abwege führen könnten. Bei dreitägigem Unterwegssein sind 420 Kilometer und 10.500 Höhenmeter zu bewältigen und 53 Wertungsprüfungen zu bestehen. Passstraßen wie die 13 Prozent steile und 13 Kilometer lange Ötztaler Gletscherstraße führen die historischen Fahrzeuge bis auf 2.832 Meter hinauf. Anschließend wird die 2.509 Meter hohe Timmelsjoch-Hochalpenstraße in Angriff genommen. In der Silvretta fordert die die Biehler Höhe auf 2.071 Metern die Rallye-Teams heraus, auf dem Rückweg von Vorarlberg nach Tirol müssen die Trommelbremsen der Abfahrt vom 1.793 Meter hohen Arlbergpass standhalten.

Zum Aufwärmen geht es am Donnerstag, dem 4. August über den Piller, der das Pitztal mit dem Oberen Gericht verbindet. Beim Gachen Blick steuert man direkt auf Landeck zu, doch vorher ist ein Stopp beim Naturparkhaus Kaunergrat geplant. So wird nicht nur das Rallye-, sondern auch das Naturerlebnis für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer abgerundet.

Prominente werden zu Rallye-Piloten

Mit Spannung verfolgen Klassik-Fans das Abschneiden von berühmten Persönlichkeiten, die sich im Starterfeld befinden. Philipp Brändel, der langjährige F1-Ingenieur von Lewis Hamilton trägt mit seinem Co-Piloten Armin Kogler die Startnummer 28 auf einem Porsche 356 aus dem Baujahr 1964. Eingesetzt wird der feuerrote Porsche von MS Design mit einer speziellen Lackierung. Leichten Heimvorteil genießt der Abfahrts-Olympiasieger und Mitglied des Oldtimer Club Ötztal, Patrick Ortlieb. Erstmals startet er mit einem Rolls Royce Silver Shadow aus dem Baujahr 1978. Sein dunkelblauer Klassiker trägt die Nummer 76. Benni Raich kann es locker angehen, wenn die Route über den Piller in der richtigen Zeit befahren werden muss – führt die Strecke doch fast an seiner Haustür vorbei. Seine Kinder werden lautstark Beifall spenden, so heißt es. Raich steuert den weißen Panther aus dem Baujahr 1980 von Vize-Clubobmann Gerhard Holzknecht und startet mit der Nummer 78. Der Doppelolympiasieger, dreifache Weltmeister und Gesamtweltcupsieger ist als Tüftler bekannt und daher prädestiniert, knifflige Aufgaben bravourös zu meistern. So gesehen, schätzen Fachleute seine Chancen auf einen Podiumsplatz am höchsten ein.

Mit 16 PS über die Pässe

Das älteste Fahrzeug bei der 24. Ötztal-Classic ist ein Ford A Roadster aus dem Jahre 1925. Mit fast 3,5 Litern Hubraum bringt er gerade einmal 40 PS auf die Räder der starren Hinterachse. Nicht einmal halb so viele Pferdestärken hat der Fiat 500 der Imsterin Moi Pfeifer – sie muss mit 16 PS über die Runden kommen. Beiden deutlich überlegen ist ein 382 PS zählender Dodge Charger RT mit 7,2 Litern Hubraum. Insgesamt sind Autos aus neun Nationen von 35 unterschiedlichen Herstellern bei der Rallye vertreten. Das Gesamtalter aller startenden Fahrzeuge beträgt 5.107 Jahre, jenes der Pilotinnen und Piloten sowie Beifahrerinnen und Beifahrern wird vornehm verschwiegen.

Titelbild: Die Ötztal-Classic von 4. bis 6. August – auch in ihrem 24. Jahr so legendär wie die Auto-Raritäten, die sie ausmachen.

Foto: Ernst Lorenzi