Der gestrige Dienstagabend stand ganz im Zeichen der Verfassung: Zum 100-Jahr-Jubiläum der Tiroler Landesordnung (TLO) begingen LH Günther Platter, Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann sowie Mitglieder der Landesregierung und des Tiroler Landtages gemeinsam mit VertreterInnen aus Verwaltung, Justiz und Wissenschaft einen Festakt, um den Geburtstag der Landesverfassung zu feiern und ihre Bedeutung für die heimische Demokratie zu unterstreichen. Bis heute bildet die Tiroler Landesordnung in ihrer aktuellen Fassung das Fundament für das Zusammenleben in Tirol. Pandemiebedingt musste die eigentlich im Herbst 2021 geplante Feierlichkeit – am 23. November jährte sich die Kundmachung zum 100. Mal – auf gestern verschoben werden.
„Die Tiroler Landesordnung ist das Fundament und das Werkzeug, mit dem wir arbeiten. Sie ist der Anker, der meist im Verborgenen dafür sorgt, dass unser Land auch in schwierigen Zeiten den Boden einer stabilen Verfassung nicht verlässt und Sicherheit gibt“, so LH Platter. Und auch die parlamentarische Arbeit wäre ohne die Landesverfassung so nicht vorstellbar: „Jede unserer Ausschuss- und Plenarsitzungen basiert auf den Ausführungen der Landesordnung, jedes Gesetz entsteht nach ihren Vorgaben. Aber auch sämtliche Ausnahmemomente ließen sich in der Vergangenheit durch ein Studium der Landesordnung bewältigen“, betonte LTPin Ledl-Rossmann.
TLO als lebendiges Recht – letzte Novelle wenige Wochen alt
Der Abend begann mit einer geschichtlichen Verortung durch Landesarchivar Christoph Haidacher. Dabei spannte er einen Bogen vom Mittelalter über das Ende der Habsburger Monarchie und der Gründung der Republik Österreich bis heute und ordnete die Tiroler Landesordnung in das historische Geschehen ein: „Die im November 1921 beschlossene Tiroler Landesordnung zeichnete sich nicht mehr durch das frühneuzeitliche Mit- und Gegeneinander von Landesfürst und Landständen aus, sondern legte – gemeinsam mit der Bundesverfassung – die Regeln fest, nach denen die österreichischen Bundesländer und ihre Menschen in rechtlicher Hinsicht in weiten Teilen bis heute leben.“
Die VerfassungsexpertInnen und HerausgeberInnen eines juristischen Kommentar-Werks Peter Bußjäger, Anna Gamper und Christian Ranacher unterstrichen in ihren Ausführungen auch die Lebendigkeit der TLO. Seit ihrer Verlautbarung vor über 100 Jahren wurde die Landesordnung mehrfach novelliert und den aktuellen Entwicklungen angepasst – zuletzt am 9. Februar 2022, als Bestimmungen zum vorübergehenden Mandatsverzicht für Abgeordnete aufgenommen wurden.
Grundrechte, Staatsziele und Identität
Christoph Grabenwarter, Präsident des Österreichischen Verfassungsgerichtshofes, schloss die Jubiläumsfeierlichkeit mit seiner Festrede, in der er die enge Verknüpfung der Tiroler Landesordnung mit der Entstehung der Bundesverfassung erläuterte und die TLO auch hinsichtlich der Schlagworte Grundrechte, Staatsziele und Identität betrachtete. „Schließlich erschaffen Bundesverfassung und Landesordnung in gegenseitiger Ergänzung gemeinsam die Grundlage und den innerstaatlichen Rahmen für den demokratischen Rechtsstaat und sind ihrerseits eingebettet in das Recht der Europäischen Union. Sie prägen die Werte mit, auf die sich die Union gründet und die im Art. 2 des Vertrags über die Europäische Union aufgezählt werden: Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören“, führte der VfGH-Präsident aus.
Die gesamte Veranstaltung kann als Livestream-Video auf dem YouTube-Kanal des Landtages nachgesehen werden.
Titelbild: (V.li.): Christoph Grabenwarter (Präsident des Österreichischen Verfassungsgerichtshofes), Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann und LH Günther Platter mit dem Landesgesetz- und Verordnungsblatt, in dem die Landesordnung vor 100 Jahren verlautbart wurde.
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