Der weit über die Grenzen seines Heimatortes hinaus bekannten Künstler und Fasnachtsforscher OStR. Prof. i.R. Heinrich Tilly wurde am Samstag, 12. März, am St. Georgen-Friedhof zu Grabe getragen. Der Telfer Ehrenzeichenträger war am 27. Februar 2022 im 91. Lebensjahr verstorben. Seinem letzten Wunsch entsprechend bekam Tilly ein würdevolles »Fasnachtsbegräbnis« – das erste seiner Art.
Es war eine Premiere, denn für ein echtes Fasnachtsbegräbnis gibt es (noch) kein Protokoll. Also organisierte das Komitee des Telfer Schleicherlaufens die Urnenbeisetzung in Anlehnung an das »Naz-Eingraben«. Gut 100 Trauergäste, die meisten von ihnen Abordnungen der Fasnachtsgruppen, zogen in Begleitung der Bären- und der Laningermusig zum Urnengrab am St. Georgen-Friedhof.
Dort würdigte Fasnachtsobmann Bgm. Christian Härting den Verstorbenen mit ebenso herzlichen wie persönlichen Worten als ungeheuer schöpferische und vielseitige Persönlichkeit und als leidenschaftlichen Telfer: „Telfs und die Fasnacht haben eines ihrer Originale verloren, einen großartigen Künstler und einen Kämpfer für den Zauber und die Mythologie der Fasnacht. Er wäre sicher stolz, so viele Telfer Fasnachtler und diesen ganzen Aufmarsch zu sehen. Er wird als einzigartiger Charakterkopf in die Geschichte eingehen, der seiner Heimatgemeinde bis zum letzten Atemzug die Treue gehalten hat. Heinrich, Danke für alles! Wir werden dich nicht vergessen!“, so Härting in seiner Grabrede. Darin gab er auch einige Anekdoten rund um Tillys legendäre Auftritte zum Besten, die den Anwesenden ein Schmunzeln auf die Lippen zauberten. Musikalisch umrahmt von Mitgliedern der Musibanda gestaltete sich das dieses Fasnachtsbegräbnis zu einem würdevollen Abschied, der ganz nach dem Geschmack des Verstorbenen gewesen wäre. Darüber waren sich die Trauergäste einig. Besonders berührend: Das dreifache »Fåsnåcht, bleib do!« aus hundert Kehlen.
Trauersitzung im Rathaus
Im Jahr 2014 wurde Heinrich Tilly in Würdigung seiner Verdienste das Ehrenzeichen der Marktgemeinde Telfs verliehen. Deshalb hatten sich Gemeinderäte, Ehrenbürger und Ehrenzeichenträger der Marktgemeinde bereits vor der Beisetzung zu einer Trauersitzung im Rathaus zusammengefunden. Für eine erheiternde musikalische Einstimmung sorgte Tilly selbst: mit dem von ihm komponierten und gesungenen »Lumma-Lied« aus dem Lautsprecher. In seiner Trauerrede sagte Bürgermeister Christian Härting über das Leben und Wirken des Multitalentes Tilly Folgendes:
„Werte Ehrenbürger, Träger hoher und höchster Auszeichnungen unserer Gemeinde, hoher Gemeinderat, meine Damen und Herren! Wir trauern um unseren Ehrenzeichenträger Prof. Heinrich Tilly, der am 27. Februar 2022 im 91. Lebensjahr verstorben ist.
Heinrich Tilly wurde am 10. Mai 1931 in Telfs geboren und wuchs in der Lumma auf. Er besuchte die Volksschule in Telfs, die Realschule in Innsbruck und von 1948 bis 1952 die Bundesgewerbeschule in Innsbruck, Abteilung Bildhauerei. Von 1954 bis 1960 studierte er an der Akademie der bildenden Künste in Wien Bildhauerei und Malerei. 1960 schloss er sein Studium mit dem Lehramt für Bildnerische Erziehung und Geschichte ab.
Ab 1960 arbeitete Tilly als Zeichenlehrer und Werkerzieher an verschiedenen Gymnasien Tirols und in der Stadt Salzburg, wo er die progressive „Gruppe 73“ mitbegründete. Zuletzt unterrichtete er an der Höheren Technischen Lehr- und Versuchsanstalt in Innsbruck, Abteilung Holz- und Steinbildhauerei. 1984 wurde er mit dem Titel Oberstudienrat ausgezeichnet. Prägend für Prof. Tillys künstlerisches Schaffen waren mehrere Studienreisen in die USA und nach Mexiko von 1969 bis 1986.
Seit den 1950er-Jahren schuf Heinrich Tilly in seinem unverwechselbaren Stil eine Vielzahl von Werken und machte immer wieder mit Ausstellungen im In- und Ausland von sich reden.
Er zählte zu den bedeutenden Künstlern unseres Landes. Seine Skulpturen und Malereien sind in vielen Gemeinden und Städten und in bedeutenden Museen zu finden. Auch in seiner Heimatgemeinde Telfs kann man mehr als ein Dutzend öffentlich zugänglicher Tilly-Werke aus allen Schaffensperioden bewundern. So etwa das Fresko an der Ematkapelle, der Hl. Nepomuk an der Innbrücke, der Mundenschafer an der Saglstraße oder der Schamane beim Sportzentrum. Die Telfer Fasnacht ist unter anderem im Schleicherbrunnen im Obermarkt, den Bronzereliefs an der Friedhofsstiege, dem Wandbild beim Umfahrungstunnel und dem Elefanten auf Tillys Elternhaus in der Lumma verewigt.
Auch im Ruhestand war Prof. Tilly als Kunstschaffender und auch als Fasnachtsforscher unermüdlich aktiv. Mit dem Schleicherlaufen und den anderen Tiroler Fasnachten setzte er sich als Künstler, der sich gern als »Mythologe« bezeichnete, intensiv auseinander. Dabei entwickelte er kreative und originelle Theorien über die Herleitung der Fasnacht und ihrer Figuren aus antiken Kulten und Ritualen. Sein letztes großes Werk ist die »Papierfasnacht«. Mit diesem einzigartigen Alterswerk brachte er sein großes Lebensthema noch einmal auf den Punkt und hat Telfs und dem Schleicherlaufen ein bleibendes Vermächtnis hinterlassen.
Mit Prof. Tilly verlieren wir einen großartigen Künstler, eine außergewöhnliche Persönlichkeit und einen bedeutenden Bürger. Er hinterlässt in Telfs und in der Telfer Fasnacht eine große Lücke, die nicht zu schließen ist. Unser Mitgefühl gilt der Familie„, schloss Bgm. Härting die Trauerrede.
Titelbild: MG Telfs/Pichler