Das gesamte Wochenende über und auch heute Vormittag haben die Fachexperten des Einsatzstabes die aktuelle Situation rund um das Coronavirus in Tirol im Detail analysiert. Seit mehreren Tagen ist die Anzahl der derzeit in Tirol am Coronavirus erkrankten Personen stabil bzw. rückläufig. „Die Entwicklung der weltweiten Coronapandemie ist dramatisch. Tirol ist von drei Ländern – nämlich non Italien, der Schweiz und Deutschland – umgeben, die allesamt zu den Top 10-Ländern mit den meisten Coronainfektionen zählen. Zudem war Tirol durch den starken Tourismusfokus besonders früh von der Coronakrise betroffen. Die Coronakrise ist leider auch in Tirol noch lange nicht vorbei, deshalb ist weiterhin große Vorsicht geboten“, mahnt Tirols Landeshauptmann Günther Platter im Rahmen einer Videopressekonferenz heute Montag.
„Tirol hat es bei dieser Krise immer als Erstes getroffen. Wir hatten die ersten Coronainfizierten zu verzeichnen, wir hatten anfänglich die größten Steigerungsraten bei den Erkrankten und mussten deshalb auch die strengsten Maßnahmen setzen – noch bevor das renommierte Robert Koch-Institut Tirol als Risikogebiet eingestuft hat. Nun zeichnet sich aber auch ab, dass in Tirol die Anzahl der Genesenen österreichweit am stärksten ansteigt. Auch hier sind wir der österreichweiten Entwicklung wiederum voraus“, so LH Platter. Tatsache sei auch, dass die Anzahl jener CoronapatientInnen, die in den Krankenhäusern behandelt werden muss, derzeit kaum steige. Ebenso sei es auch bei jenen Coronaerkrankten, die auf Intensivstationen behandelt werden müssen. „Auch hier gibt es derzeit nur eine geringfügige Steigerung, die Kapazitäten in den Krankenhäusern reichen damit nach wie vor aus“, informiert der Landeshauptmann. „Nach eingehender Analyse der derzeitigen Situation mit den Fachexperten des Einsatzstabes haben wir uns dazu entschlossen, die strenge Selbstisolation für die Tiroler Gemeinden ab morgen Dienstag aufzuheben. Ab morgen gelten damit auch bei uns in Tirol die Regelungen des Bundes. Die strenge Quarantäne für das Paznauntal, St. Anton und Sölden bleibt aufrecht“, geben LH Platter und LHStvin Ingrid Felipe bekannt.
Joggen, Radfahren, Spazierengehen ab morgen erlaubt
Dass Tirol bereits ab morgen die Bundesregelungen übernimmt, bedeutet für Tirols Bevölkerung einige Änderungen. So sind ab Dienstag Joggen, Radfahren sowie Spazierengehen erlaubt. Grundvoraussetzung dafür ist allerdings, dass man dies entweder alleine oder nur mit jenen Personen gemeinsam macht, die im selben Haushalt leben. Der Mindestabstand von einem Meter muss dabei immer eingehalten werden. Bei Sportarten im hochalpinen Gelände mit hohem Verletzungsrisiko – von Skitourengehen, Klettern bis Mountainbiken – gilt weiterhin der dringliche Appell des Landes, diese zu unterlassen.
Gemeindegrenze darf wieder überschritten werden
Die vormalige Quarantäneverordnung für alle 279 Gemeinden Tirols sah vor, dass die jeweilige Gemeindegrenze grundsätzlich nicht überschritten werden darf (Ausnahme: Weg in die Arbeit, Deckung von Grundversorgung, die nicht im Gemeindegebiet möglich war). Ab morgen ist auch diese Regelung wieder aufgehoben. Die Gemeindegrenze kann wieder passiert werden, etwa beim Spazierengehen, Radfahren oder zum Einkaufen.
Änderungen auch für Pendler, die nach Tirol ein- oder auspendeln
Die vormals strengen Ein- und Ausreisebeschränkungen nach und von Tirol für Berufspendler werden mit dem Wechsel zur Bundesregelung ebenfalls aufgehoben. Bis dato war es so, dass das Ein- und Auspendeln nach und von Tirol nur zur Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur oder der Versorgungssicherheit erlaubt war. Ab Dienstag ist das Ein- und Auspendeln nach und von Tirol wieder für jeden Berufsverkehr möglich. So wird es zum Beispiel wieder möglich sein, von und aus anderen österreichischen Bundesländern von und nach Tirol ein- und auszupendeln. Die jeweiligen Ein- und Ausreisebestimmungen an den österreichischen Außengrenzen sowie auch der Nachbarstaaten wie etwa Deutschland, Schweiz, etc. gelten aber weiterhin.
Paznauntal, St. Anton und Sölden bleiben unter Quarantäne
Im Paznaun, St. Anton und Sölden waren die Infektionsketten in den letzten Wochen am stärksten. Aus diesem Grund wurde eine strenge Quarantäne über diese Gebiete verhängt, wo selbst das Ein- und Auspendeln aus beruflichen Gründen nicht mehr möglich war. Diese strikte Regelung bleibt aufrecht. Gleichzeitig wurde für diese Regionen in den nächsten Tagen ein Schwerpunkt bei der Durchführung von Corona-Testungen festgelegt. Durch besonders viele Testungen möchte sich die Gesundheitsbehörde ein möglichst vollständiges Bild von den Regionen machen, um in der Folge die weitere Vorgehensweise festlegen zu können.
Appell der Tiroler Landesregierung
Der Landeshauptmann weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die aktuellen Coronazahlen in Tirol nach wie vor eine Momentaufnahme sind. „Unsere besonders strengen Maßnahmen haben gegriffen, das ist sehr erfreulich. Wenn wir aber jetzt vorschnell alle Maßnahmen zurücknehmen, ist die Gefahr groß, dass wir im Kampf gegen das Coronavirus schon bald wieder von vorne beginnen müssen. Das gilt es jedenfalls zu vermeiden“, ist LH Platter überzeugt, und appelliert an die Tiroler Bevölkerung: „Wir haben die Krise noch nicht überwunden. Über drei Wochen lang haben wir strenge Maßnahmen gesetzt, die dringend notwendig waren. Nun gilt es, die nun geltenden Regelungen weiter zu befolgen, um Leben zu retten und eine zweite Erkrankungswelle zu verhindern. Ich weiß, dass ich mich bei unserem Kampf gegen das Coronavirus auf die Tirolerinnen und Tiroler verlassen kann.“ LHStvin Felipe ergänzt: „Die vergangenen Wochen waren für die sport- und naturbegeisterten Tirolerinnen und Tiroler mit vielen Einschränkungen und persönlichen Entbehrungen verbunden. Wir alle haben dazu beigetragen die Infektionskurve abzuflachen und damit das Gesundheitssystem nicht zu überfordern. Mit der Angleichung an die Bundesregelung können die in Tirol lebenden Menschen nun auch beim Laufen oder Spaziergehen „durchatmen“. Die weiterhin gültigen Regelungen des Bundes zum Schutz von uns und unserer Mitmenschen sind allerdings weiterhin aufrecht.“
Bund kündigt schrittweise Lockerung von Maßnahmen ab 14. April an
Die Österreichische Bundesregierung hat heute angekündigt, ab 14. April schrittweise Lockerungen der Maßnahmen vorzunehmen. Kleine Geschäfte bis 400 Quadratmeter sowie Bau- und Gartenmärkte können unter strengen Sicherheitsvorgaben wieder öffnen. Das Tragen von Schutzmasken, eine regelmäßige Desinfektion und eine Beschränkung der Anzahl der Kunden sind Grundvoraussetzung dafür. Ab 1. Mai können dann alle Geschäfte, Einkaufszentren sowie Friseure wieder öffnen, allerdings ebenso unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Gastronomie und Hotels werden frühestens mit Mitte Mai wieder öffnen können. Eine Entscheidung dazu fällt die Bundesregierung Ende April. Matura und Lehrabschlüsse können unter strengen Auflagen durchgeführt werden. Der Schulbetrieb muss jedenfalls bis Mitte Mai als „Homeschooling“ fortgesetzt werden müssen. Veranstaltungen werden bis jedenfalls Ende Juni keine mehr stattfinden.
Die vom Bund festgelegten Ausgangsbeschränkungen werden bis Ende April verlängert. Auch weiterhin dürfen Personen in ganz Österreich und damit auch in Tirol nur aus folgenden Gründen ihren Wohnsitz verlassen: Um zu arbeiten, einkaufen zu gehen, andere Menschen zu unterstützen und sich die Beine zu vertreten oder Sport im Freien zu machen. Auch die Bundesregierung hat heute nochmals darauf hingewiesen, dass alle Maßnahmen auch weiterhin diszipliniert eingehalten werden müssen. Allen voran gilt das auch für das Tragen von Masken, das verpflichtend geregelt und weiter ausgeweitet wird. Auch das Abstandhalten zu weiteren Personen bleibt künftig ein zentraler Bestandteil der Bundesregelungen.
Bild: Landeshauptmann Günther Platter mit Cornelia Lass-Flörl, Direktorin der Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität Innsbruck.
Foto: Land Tirol